Im Jahr 2025 kann die Justizvollzugsanstalt III in Frankfurt-Preungesheim gleich zwei Jubiläen feiern: Sie ist seit 70 Jahren ein eigenständiges Frauengefängnis und seit 50 Jahren das erste bundesweit Mutter-Kind-Heim in einer Justizvollzugsanstalt. Diese beiden Einrichtungen sind ein gutes Beispiel für die Evolution des modernen Strafvollzugs in Deutschland, vor allem was den Umgang mit weiblichen Inhaftierten und deren Kindern betrifft. Obwohl die Themen Resozialisierung, Chancengleichheit und gesellschaftliche Integration im Vordergrund stehen, werden die speziellen Herausforderungen und Chancen für Frauen im Strafvollzug sowie für schwangere oder bereits Mütter gewordene Gefangene immer mehr von Fachleuten und der Gesellschaft wahrgenommen.
Das Frankfurter Frauengefängnis ist einerseits eine der bekanntesten Frauenhaftanstalten in Deutschland, andererseits ist es auch der Ort, wo Tradition und Moderne sich begegnen. Die Geschichte der Einrichtung beginnt im ausgehenden 19. Jahrhundert, als man die ersten Frauen in Preungesheim incarcerierte. Im Laufe der Jahrzehnte haben grundlegende gesellschaftliche Veränderungen die Entwicklung der Institution geprägt – angefangen bei den dunklen Kapiteln der NS-Zeit und den Nachkriegsjahren, über die fortschreitende Emanzipation bis hin zur heutigen Fokussierung auf Resozialisierung und individueller Förderung. Es ist kein Zufall, dass das erste Mutter-Kind-Heim der Republik in Frankfurt ist: Es symbolisiert den Anspruch, auch im Strafvollzug neue Wege zu gehen und den besonderen Bedürfnissen von Frauen und Kindern gerecht zu werden.
Die Statistiken zeigen es ganz klar: Der Anteil weiblicher Gefangener ist bundesweit gering. Zum Stichtag im September 2025 waren in Hessen nur etwa 280 Frauen in Haft, die meisten von ihnen im Frauenknast Frankfurt-Preungesheim, während es über 4.300 männliche Gefangene im Land gab. Trotzdem sind die Herausforderungen komplex: Eine Vielzahl der weiblichen Inhaftierten hat eine schwierige Lebensgeschichte, oft geprägt von Gewalterfahrungen, Abhängigkeiten und prekären sozialen Umständen. In der JVA III gibt es Angebote, die von schulischer und beruflicher Bildung über therapeutische Maßnahmen bis hin zur gezielten Unterstützung von Müttern mit Kleinkindern reichen.
Das 1975 eröffnete Mutter-Kind-Heim war ein Novum im deutschen Strafvollzug und ist bis heute etwas Besonderes. Es erlaubt inhaftierten Müttern, ihre Kinder bis zum Vorschulalter bei sich zu behalten, um eine enge Bindung zu fördern, die in diesen prägenden Jahren von großer Bedeutung ist. Die Unterbringung erfolgt zum Teil im offenen Vollzug, außerhalb der Gefängnismauern, und hat das Ziel, die Mutter-Kind-Beziehung maximal zu fördern. Hier finden bis zu 18 Mütter mit ihren Kindern Platz, und im geschlossenen Bereich können bis zu fünf Frauen mit ihren Kindern zusammenleben.
Die Jubiläen im Jahr 2025 sind ein Anlass, die bewegte Geschichte der Einrichtung zu betrachten, aber auch die aktuelle Lage und die Zukunft der weiblichen Gefangenen und ihrer Kinder zu beleuchten. Wie sind die Bedingungen im Frauenvollzug heute? Welche Fortschritte wurden gemacht, und welche Schwierigkeiten bestehen weiterhin? Wie ist die Rolle des Mutter-Kind-Heims nach fünf Jahrzehnten seines Bestehens? In acht Abschnitten wird die JVA III, das Mutter-Kind-Heim und die Situation weiblicher Gefangener im Jahr 2025 detailliert dargestellt.
Die Geschichte des Frankfurter Frauengefängnisses: Wandel im Spiegel der Zeit
Das Frankfurter Frauengefängnis hat eine Geschichte von über 135 Jahren, die 1889 begann. In der damaligen Zeit wurde auf dem Gelände der noch eigenständigen Gemeinde Preungesheim eine moderne Haftanstalt errichtet, die von Anfang an eine Frauenabteilung beinhaltete. Die Einrichtung war für die damalige Zeit bemerkenswert fortschrittlich: Sie umfasste neben 85 Haftplätzen für Frauen auch Krankenzimmer, Schulräume, Werkstätten, eine Warmwasserheizung, Petroleumbeleuchtung und Frischwasser durch Handpumpen. Einerseits zeigte der Bau der Anstalt, dass der Strafvollzug immer mehr institutionalisiert wurde; andererseits beinhaltete er auch neue Ansätze zur Behandlung weiblicher Häftlinge.
Im 20. Jahrhundert fand das Gefängnis denkwürdige historische Ereignisse statt. In Preungesheim wurden während der NS-Zeit zahlreiche Hinrichtungen vollstreckt, darunter auch die an Mitgliedern des Widerstands gegen das nationalsozialistische Regime. Nach dem Krieg wurde die Anstalt zunächst als Militärgefängnis der Alliierten genutzt; 1955 wurde sie offiziell als Justizvollzugsanstalt für Frauen eingerichtet. Die Umwandlung des Hauses stellte einen historischen Wendepunkt dar: Ab diesem Moment wurden die besonderen Bedürfnisse weiblicher Gefangener stärker berücksichtigt.
Im Jahr 2025 wird die JVA III ihren 70. Geburtstag als eigenständige Frauenanstalt feiern. In den vergangenen sieben Jahrzehnten hat sich das Frankfurter Frauengefängnis kontinuierlich verändert – und zwar nicht nur in Bezug auf die Architektur, sondern auch inhaltlich. Es gibt wichtige Etappen in der Entwicklung, die bis heute fortdauert: die Einführung moderner Resozialisierungskonzepte, die Öffnung für Bildungs- und Ausbildungsangebote, die Schaffung spezialisierter Therapieeinrichtungen und die Gründung des Mutter-Kind-Heims. Die Anstalt ist somit nicht nur ein Spiegel gesellschaftlicher Veränderungen, sondern auch ein Pionier in der Weiterentwicklung des deutschen Strafvollzugs.
Der Wandel wird auch durch die bauliche Entwicklung des Gefängnisses deutlich. In den Anfangsjahren standen vor allem Sicherheitsaspekte und die Unterbringung im Vordergrund; im Laufe der Zeit wurden jedoch immer mehr Räume für therapeutische, pädagogische und soziale Angebote geschaffen. Es ist ein Zeichen für diesen Wandel, dass der Strafvollzug von einer reinen Verwahranstalt zu einem Ort der Resozialisierung und individuellen Förderung geworden ist; die Einführung solcher Angebote ist der Beweis dafür. Das Jubiläum 2025 bietet somit nicht nur die Gelegenheit, die Vergangenheit zu betrachten, sondern auch über die Zukunft des Frauenvollzugs nachzudenken.
Das Mutter-Kind-Heim: Geschichte, Konzept und Bedeutung
In Frankfurt-Preungesheim wurde vor 50 Jahren das erste Mutter-Kind-Heim Deutschlands eröffnet – ein bedeutender Fortschritt in der Geschichte des Strafvollzugs. Gegründet im Jahr 1975, basiert die Einrichtung auf der Einsicht, dass eine Trennung von Mutter und Kind während der Haft negative Auswirkungen auf beide haben kann. Bis zu diesem Zeitpunkt war es der Brauch, dass Kinder von inhaftierten Müttern nach der Geburt in Pflegefamilien oder Heimen untergebracht wurden, was oft zu Traumatisierungen und langfristigen Bindungsstörungen führte.
Von Anfang an verfolgte das Mutter-Kind-Heim in Frankfurt ein innovatives Konzept: Inhaftierte Mütter durften ihre Kinder bis zum dritten Lebensjahr bei sich behalten, später wurde das Alter auf das Vorschulalter angehoben. Die Absicht war, die Bindung zwischen Mutter und Kind zu festigen und den Kindern trotz der besonderen Umstände einen normalen Start ins Leben zu ermöglichen. Die Einrichtung gehört zum offenen Vollzug und befindet sich außerhalb der Gefängnismauern. In eigenen Appartements leben die Mütter mit ihren Kindern, erhalten sozialpädagogische Unterstützung und Hilfe bei Erziehungs- und Alltagsfragen.
Im Jahr 2025 wird das Mutter-Kind-Heim 18 Mütter mit ihren Kindern im offenen Vollzug aufnehmen. In der JVA III können bis zu fünf Frauen mit ihren Kleinkindern im geschlossenen Bereich zusammenleben. Die Kinder werden von qualifiziertem Personal betreut, das eng mit den Müttern zusammenarbeitet. Neben der Sicherstellung der Grundversorgung stehen die Unterstützung der kindlichen Entwicklung und die Stärkung der Erziehungskompetenz der Mütter im Vordergrund.
Bis heute ist das Frankfurter Mutter-Kind-Heim eine Besonderheit im deutschen Strafvollzug. Obwohl andere Bundesländer das Modell mittlerweile übernommen haben, ist die Einrichtung in Preungesheim weiterhin das Vorbild und der Impulsgeber. Es ist ein zukunftsweisender Ansatz, die Bedürfnisse von Mutter und Kind in den Fokus zu rücken, indem man Strafe und Resozialisierung miteinander verbindet. Das Mutter-Kind-Heim hat eine weitreichende Bedeutung, die über die Betreuung hinausgeht: Es ist ein Ort, an dem Zukunftschancen geschaffen und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht wird – auch und gerade für eine besonders verletzliche Gruppe von Inhaftierten und deren Kindern.
Lebensrealitäten weiblicher Gefangener: Zahlen, Geschichten und Herausforderungen
Der Anteil weiblicher Gefangener ist im bundesweiten Vergleich gering. Am Stichtag im September 2025 waren in Hessen 4.316 Männer und lediglich 280 Frauen inhaftiert, wobei die meisten von ihnen in der JVA III Frankfurt-Preungesheim untergebracht waren. Frauen im Alter von 16 bis 78 Jahren sind vertreten, was die Diversität der Lebensrealitäten und die Vielschichtigkeit der Herausforderungen, denen sie gegenüberstehen, zeigt.
Die schwierigen Biografien der meisten weiblichen Gefangenen in Preungesheim sind bemerkenswert. Viele Menschen sind mit mehreren Problemlagen belastet: Suchtprobleme, psychische Erkrankungen, Gewalterfahrungen – sei es in der Kindheit oder im Erwachsenenleben – sowie prekäre wirtschaftliche und soziale Verhältnisse sind häufige Themen. Viele der Inhaftierten sind alleinerziehend oder kommen aus problematischen Familienverhältnissen. Es gibt viele Gründe, warum Menschen im Gefängnis sind, sei es wegen Eigentumsdelikten, Betrug oder Gewalttaten. Häufig sind Straftaten mit Sucht und sozialer Not verknüpft.
Entsprechend sind die Herausforderungen für die Anstalt und das betreuende Personal groß. Es ist wichtig, über die Sicherstellung der Grundversorgung hinaus, die oft komplexen und individuellen Bedürfnisse der Frauen zu erkennen und gezielt zu adressieren. Hierzu zählen medizinische und psychologische Hilfe, suchttherapeutische Maßnahmen, sozialpädagogische Beratung sowie die Stärkung des Selbstwertgefühls und die Unterstützung bei der Perspektivfindung. Es braucht viel Sensibilität, Fachwissen und interdisziplinäre Zusammenarbeit, um mit weiblichen Gefangenen zu arbeiten.
Besonders schwangere Frauen und Mütter unter den Inhaftierten stehen im Fokus. Für sie ist die Haft eine doppelte Belastung: Sie müssen die Trennung von ihren Kindern verkraften und gleichzeitig ihre Rolle als Mutter unter erschwerten Bedingungen erfüllen. Für viele ist das Mutter-Kind-Heim eine bedeutende Chance, die Beziehung zu ihren Kindern zu bewahren und trotz der Haftstrafe einen positiven Einfluss auf deren Entwicklung zu haben.
Das Leben weiblicher Gefangener ist von Brüchen und Unsicherheiten gekennzeichnet. Zur gleichen Zeit eröffnet der Vollzug – vor allem mit den besonderen Angeboten in Frankfurt-Preungesheim – Möglichkeiten zur Neuorientierung, zur Aufarbeitung belastender Erfahrungen und zur Schaffung neuer Lebensperspektiven. Die Erzählungen über Frauen sind deshalb Geschichten über Schwierigkeiten, aber auch über Hoffnung und einen Neuanfang.
Bildung und Arbeit im Frauengefängnis: Wege zur Resozialisierung
Im Frankfurter Frauengefängnis ist die Unterstützung von Bildung und Beschäftigung ein wichtiger Bestandteil der Resozialisierung. In der JVA III haben die Insassinnen viele Chancen: Sie können Schulabschlüsse nachholen, an beruflicher Qualifizierung teilnehmen und praktische Arbeitserfahrung sammeln. Um den Frauen nach ihrer Entlassung einen Neustart zu ermöglichen und das Risiko eines Rückfalls zu minimieren, sind diese Angebote entscheidend.
Im schulischen Bereich haben junge Frauen und Heranwachsende die Chance, den Hauptschul- oder Realschulabschluss nachzuholen. Der Unterricht findet in kleinen Gruppen statt und wird von Lehrkräften gehalten, die auf die besonderen Bedürfnisse und Lebensumstände der Gefangenen eingehen. Neben den traditionellen Fächern wie Deutsch, Mathematik und Englisch stehen auch lebenspraktische Themen auf dem Lehrplan, wie Gesundheitsförderung, Alltagsorganisation und soziale Kompetenzen.
In der beruflichen Qualifizierung kooperiert die Anstalt eng mit externen Partnern und Bildungsträgern. Frauen haben die Möglichkeit, an Ausbildungs- und Umschulungsmaßnahmen in Bereichen wie Hauswirtschaft, Gartenbau, Textilverarbeitung oder Lagerlogistik teilzunehmen. In der JVA III gibt es eigene Werkstätten und Betriebe, unter anderem eine Wäscherei, die für die Anstalt sowie für externe Kunden Dienstleistungen anbietet. Die Arbeitsplätze sind begehrt, weil sie neben Struktur und Tagesrhythmus auch ein kleines, wenn auch niedriges Einkommen ermöglichen.
Obwohl die Vergütung der Arbeit im Vergleich zum freien Arbeitsmarkt gering ist, stellt sie für viele Frauen eine wichtige Motivation dar. Damit sind kleine Käufe möglich, Rücklagen geschaffen oder Schulden beglichen. Außerdem ist die Arbeit ein wichtiger Faktor für ein gestärktes Selbstwertgefühl und schafft Erfolgserlebnisse. Eine Erwerbstätigkeit während der Haftzeit ist eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Resozialisierung und Integration nach der Haft.
Neben der schulischen und beruflichen Bildung ist es auch wichtig, Alltagskompetenzen zu fördern. In Haushaltsführung, Ernährung, Kindererziehung und Budgetplanung erhalten die Frauen Schulungen. Sie sollen auf ein Leben in Eigenverantwortung und Selbstständigkeit vorbereitet werden. Die Angebote werden personalisiert und durch sozialpädagogische Beratung unterstützt. Die JVA III verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, der Bildung, Arbeit und persönliche Entwicklung vereint.
Therapie- und Unterstützungsangebote: Hilfe für eine verletzliche Zielgruppe
Die meisten Frauen, die in Frankfurt-Preungesheim inhaftiert sind, haben eine lange Geschichte von Traumatisierungen, psychischen Erkrankungen und Suchtproblemen hinter sich. Deshalb steht der Justizvollzug vor der Herausforderung, über die Strafvollstreckung hinaus auch therapeutische und unterstützende Angebote zu schaffen. Über die letzten Jahrzehnte hat die JVA III ein umfangreiches Netzwerk von Hilfsangeboten geschaffen, welches die individuellen Bedürfnisse der Frauen berücksichtigt.
Zunächst stehen die medizinische und psychologische Versorgung im Fokus. Die Anstalt hat eine eigene Krankenstation mit Fachärztinnen und -ärzten sowie Pflegepersonal, das rund um die Uhr verfügbar ist. Psychologische und psychiatrische Betreuung wird ebenfalls angeboten, oft in Zusammenarbeit mit externen Fachkliniken. Der Fokus liegt auf der Behandlung von Traumafolgestörungen, Depressionen, Angststörungen und anderen psychischen Erkrankungen, die bei den Inhaftierten überdurchschnittlich häufig vorkommen.
Ein weiterer wichtiger Bereich ist die Suchttherapie. Eine hohe Anzahl weiblicher Gefangener leidet unter Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit. In der JVA III werden neben Akutinterventionen auch längerfristige therapeutische Gruppen und Einzelgespräche angeboten. Die Frauen zu stabilisieren, Rückfälle zu vermeiden und eine tragfähige Grundlage für ihren weiteren Lebensweg zu schaffen, ist das Ziel. Ein wichtiger Bestandteil des Gesamtkonzepts ist die Zusammenarbeit mit externen Suchtberatungsstellen und Nachsorgeeinrichtungen.
Sozialpädagogische Unterstützungsleistungen sind neben medizinischen und therapeutischen Angeboten von großer Bedeutung. Frauen bekommen Unterstützung, um Familienangelegenheiten zu klären, sich auf die Haftentlassung vorzubereiten und neue Lebensperspektiven zu entwickeln. Es gibt spezielle Beratungsangebote für Mütter, die darauf abzielen, die Vereinbarkeit von Mutterrolle und Haftstrafe zu unterstützen. Die Sozialarbeiterinnen und -arbeiter erleben in ihrer Arbeit oft eine hohe emotionale Belastung, weil sie sich mit den unterschiedlichen Problemlagen und Schicksalen der Frauen auseinandersetzen müssen.
Um den Frauen nach ihrer Entlassung einen reibungslosen Übergang in weiterführende Hilfesysteme zu ermöglichen, kooperiert die JVA III eng mit externen Fachstellen, Beratungsdiensten und Selbsthilfegruppen. Das Ziel ist es, die Rückfallquote zu minimieren und die soziale Integration zu verbessern. Die vielen Therapie- und Unterstützungsangebote zeigen, dass man den Strafvollzug als Chance zur Veränderung und Entwicklung betrachten kann.
Das Mutter-Kind-Heim im Alltag: Chancen und Herausforderungen für Mütter und Kinder
Im Mutter-Kind-Heim der JVA III versucht man, den Alltag so zu gestalten, dass er den Kindern einen normalen Lebensraum bietet, während man zugleich die Mütter in ihrer Rolle als Erzieherin unterstützt. In der Einrichtung werden Strafvollzugselemente mit sozialpädagogischen und frühfördernden Ansätzen kombiniert. In den Appartements leben die Kinder nach einem strukturierten Tagesablauf, der ihre Bedürfnisse und die Vorgaben des Vollzugs miteinander in Einklang bringt.
Die Verantwortung für die Versorgung, Pflege und Erziehung ihrer Kinder liegt weitgehend bei den Müttern. Ein multiprofessionelles Team aus Sozialpädagoginnen, Erzieherinnen und Therapeutinnen unterstützt sie dabei. Die Kinder gehen in eine eigene Kindertagesstätte, wo sie passend zu ihrem Alter gefördert werden. Bewegungsangebote, kreative Aktionen und soziale Interaktion stehen neben Spiel und Bildung im Vordergrund. Durch die enge Zusammenarbeit zwischen den Müttern, dem Betreuungsteam und externen Fachleuten werden die individuellen Bedürfnisse der Kinder erkannt und gefördert.
Das Leben im Mutter-Kind-Heim ist für die Mütter eine große Chance, aber auch eine Herausforderung. Es erfordert Disziplin, Verantwortungsbewusstsein und emotionale Stabilität, dass Sie als Mutter die Anforderungen des Vollzugs mit Ihrer Rolle als Elternteil in Einklang bringen. Die Zeit nutzen viele Frauen, um an ihren Erziehungsfähigkeiten zu arbeiten oder diese zu festigen, sich mit ihrer eigenen Biografie auseinanderzusetzen und neue Perspektiven für sich und ihre Kinder zu schaffen. Elternkurse, therapeutische Gespräche und gemeinschaftliche Aktivitäten sind Teil des Angebots.
Die größte Herausforderung ist es, den Kindern ein Gefühl von Geborgenheit und Normalität zu schenken, obwohl sie in einer Ausnahmesituation leben. Eine Abgeschiedenheit von der Außenwelt, das Fehlen von familiären Unterstützungsnetzen und die Stigmatisierung durch die Inhaftierung der Mutter sind Belastungsfaktoren, die sowohl die Kinder als auch die Mütter bewältigen müssen. Aus diesem Grund kooperiert das Betreuungsteam eng mit Jugendämtern, Beratungsstellen und Familiengerichten, um Lösungen zu finden, die das Kindeswohl im Blick haben.
Die Praxis beweist trotz aller Herausforderungen, dass das Mutter-Kind-Heim für viele Familien eine echte Chance ist. Die enge Beziehung zwischen Mutter und Kind wird bewahrt, die kindliche Entwicklung wird gefördert, und die Mütter erhalten Hilfe für einen gelungenen Neuanfang. Die Einrichtung wird somit nicht nur als Ort der Verwahrung betrachtet, sondern auch als Raum für Entwicklung, Heilung und die Gestaltung der Zukunft.
Gesellschaftliche Debatte und rechtlicher Rahmen: Mutter-Kind-Heime im Fokus
Die Diskussion über die Existenz und das Design von Mutter-Kind-Heimen im Strafvollzug läuft seit ihrer Gründung und ist sowohl gesellschaftlich als auch politisch ein heißes Thema. Die zentrale Fragestellung dreht sich um: Wie kann das Spannungsfeld zwischen dem Strafanspruch des Staates und dem Kindeswohl angemessen aufgelöst werden? In Deutschland wird der rechtliche Rahmen für Mutter-Kind-Heime durch das Strafvollzugsgesetz gestützt, das über die letzten Jahrzehnte immer wieder angepasst wurde, um den besonderen Bedürfnissen von Müttern und Kindern gerecht zu werden.
Im Allgemeinen dürfen Kinder von inhaftierten Müttern bis zu einem bestimmten Alter – normalerweise bis zum dritten, manchmal bis zum sechsten Lebensjahr – gemeinsam mit ihrer Mutter in der Anstalt leben, solange das Kindeswohl nicht gefährdet ist. Die Justizbehörden, zusammen mit den Jugendämtern, treffen diese Entscheidung, wobei sie psychologische Fachgutachten einbeziehen. Das Ziel ist es, die Beziehung zwischen Mutter und Kind zu stärken und gleichzeitig die Entwicklung der Kinder zu schützen.
Befürworter des Modells sind der Ansicht, dass eine frühe Trennung von der Mutter schwerwiegende Folgen für das Kind haben kann, die von Bindungsstörungen über Entwicklungsverzögerungen bis hin zu psychischen Problemen reichen. Eine gemeinsame Unterbringung ermögliche es, eine stabile Bezugsperson zu schaffen, was die emotionale und soziale Entwicklung des Kindes unterstütze. Auf der anderen Seite betonen Kritiker die Gefahren, die mit einem Aufwachsen im Gefängniskontext verbunden sind, wie die mangelnde soziale Integration, Stigmatisierung und die mögliche Belastung durch die Erfahrungen des Haftalltags.
In den letzten Jahren ist die gesellschaftliche Debatte über dieses Thema intensiver geworden, vor allem durch die Berichte betroffener Mütter, die Aktionen von Menschenrechtsorganisationen und die wissenschaftliche Begleitung der Mutter-Kind-Heime. Dabei rückt das Wohl des Kindes immer mehr in den Fokus. Der Gesetzgeber hat darauf mit mehreren Reformen reagiert, einschließlich der Erhöhung der Altersgrenzen, der Verbesserung der Betreuungsangebote und der Einführung von Übergangsmodellen im offenen Vollzug.
Bis 2025 haben mehrere Bundesländer Mutter-Kind-Heime eingerichtet, wobei die Einrichtung in Frankfurt als Vorreiter fungiert. Die Debatte über die beste Gestaltung, die Finanzierung und die gesellschaftliche Akzeptanz geht jedoch weiter. Fünf Jahrzehnte Erfahrung belegen, wie wichtig eine enge Zusammenarbeit zwischen Justiz, Jugendhilfe und Zivilgesellschaft ist, um für Mütter und Kinder die besten Lösungen zu finden.
Zukunftsperspektiven des Frauenvollzugs und des Mutter-Kind-Heims: Innovation und Herausforderungen
Die Frankfurter Anstalt ist mit dem 70-jährigen Bestehen der JVA III und dem 50-jährigen Jubiläum des Mutter-Kind-Heims ein Symbol für die Herausforderungen und Chancen, die der moderne Frauenvollzug mit sich bringt. In den letzten Jahrzehnten hat man zunehmend erkannt, dass der Strafvollzug für Frauen mehr und mehr auf Resozialisierung, individuelle Förderung und gesellschaftliche Integration abzielt (vgl. Götz, 2021, S. 56). Die Erfahrungen aus Frankfurt-Preungesheim sind entscheidend für die bundesweite Weiterentwicklung des Systems.
Ein wichtiger Aspekt für die Zukunft ist die Optimierung der Angebote für weibliche Gefangene, insbesondere in den Bereichen Bildung, Therapie und soziale Unterstützung. Frauenbedürfnisse wandeln sich, und neue Herausforderungen – sei es durch Migration, Digitalisierung oder psychische Gesundheit – machen es notwendig, dass wir flexibel und innovativ Lösungen finden. Die JVA III arbeitet stetig daran, ihre Programme anzupassen und zu erweitern, zum Beispiel durch den Ausbau digitaler Bildungsangebote, die Einführung neuer Therapieformen und die stärkere Einbindung externer Partner.
Auch das Mutter-Kind-Heim muss sich neuen Herausforderungen stellen. Das Konzept muss aufgrund des gesellschaftlichen Wandels, der veränderten Familienstrukturen und der zunehmenden Sensibilität für die Rechte von Kindern ständig überprüft und weiterentwickelt werden. Die Anstalt verfolgt das Ziel, die Betreuung weiter zu individualisieren, die Zusammenarbeit mit Jugendämtern und Familiengerichten zu verstärken und die Übergänge in das Leben nach der Haft zu erleichtern. Die Bedeutung von Nachsorgeangebote, Netzwerken mit freien Trägern und der Ausbau von Patenschaftsmodellen wächst dabei stetig.
Die Digitalisierung schafft neue Chancen, wie die Kommunikation mit Familienangehörigen, die Teilnahme am Online-Unterricht oder die Inanspruchnahme digitaler Therapieangebote. Gleichzeitig bringt sie Herausforderungen für Datenschutz, Sicherheit und die Gewährleistung der Chancengleichheit mit sich. Die JVA III betrachtet sich als ein Labor für Innovationen, die auch anderen Einrichtungen zugutekommen können.
Nicht zuletzt bleibt zu fragen, wie die Gesellschaft den Frauenvollzug und das Mutter-Kind-Heim akzeptiert und unterstützt. Die Stigmatisierung von Straftäterinnen und die Vorurteile gegen inhaftierte Mütter sind nach wie vor aktuelle Themen. Aus diesem Grund setzt die Anstalt auf Transparenz, Öffentlichkeitsarbeit und die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft, um Vorurteile abzubauen und den Frauen nach der Haft die Integration zu erleichtern.
Im Jahr 2025 kann das Frankfurter Frauengefängnis auf eine bewegte Geschichte zurückblicken und steht gleichzeitig vor neuen Herausforderungen. Das Mutter-Kind-Heim steht für die Fähigkeit des Strafvollzugs, sich stets neu zu erfinden und auf die Bedürfnisse der Schwächsten in der Gesellschaft zu reagieren. In den nächsten Jahren werden wir sehen, wie sich diese Entwicklungen fortsetzen und welche neuen Pfade in Frankfurt und darüber hinaus eingeschlagen werden.