
Im Jahr 2025 erreicht die Wasser- und Abwasserinfrastruktur in Hessen einen entscheidenden Wendepunkt. Obwohl sich viele Menschen auf die Verlässlichkeit von Trinkwasser und die sichere Entsorgung von Abwässern verlassen, arbeiten viele Anlagen und Kanäle, die diese Dienste ermöglichen, seit Jahrzehnten am Limit, ohne dass man sie sieht. Aber das unsichtbare Rückgrat der kommunalen Daseinsvorsorge ist an vielen Orten schon alt und braucht dringend Aufmerksamkeit. Die Unzulänglichkeiten der Infrastruktur, der zunehmende Bedarf an Modernisierungen und neue Herausforderungen durch den Klimawandel, die Veränderungen der Bevölkerungsstruktur sowie strengere gesetzliche Vorgaben haben zu einem erheblichen Investitionsstau geführt. Eine neue Studie des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) macht deutlich, dass die Städte und Gemeinden in Hessen in den nächsten Jahren enorme finanzielle Herausforderungen bewältigen müssen.
Die kontinuierlich steigenden Anforderungen an Wasserqualität, Umweltschutz und Energieeffizienz erhöhen nicht nur die technischen Ansprüche an die Anlagen, sondern verursachen auch höhere Kosten für Wartung, Sanierung und Neubau. Viele Kläranlagen, die in den 1970er- und 1980er-Jahren gebaut wurden, sind nun am Ende ihrer technischen Lebensdauer. Die Kanalnetze in Hessen, die insgesamt mehrere zehntausend Kilometer umfassen, müssen gleichzeitig regelmäßig gewartet und an die aktuellen Umweltstandards angepasst werden. Laut dem VKU werden in den kommenden zehn Jahren Investitionen in Milliardenhöhe erforderlich sein, um die Versorgungsicherheit zu gewährleisten und gesetzliche Vorgaben einzuhalten. Für viele Kommunen ist dies eine enorme finanzielle Belastung, besonders da die Wasser- und Abwassergebühren bereits heute ein sensibles Thema in der öffentlichen Diskussion sind.
Allerdings ist der Sanierungsbedarf nicht nur auf Alter und Verschleiß zurückzuführen. Der Klimawandel erfordert neue Ansätze für Starkregenereignisse und längere Trockenperioden, die die Systeme zusätzlich belasten. Eine zunehmende Urbanisierung und das Wachstum der Bevölkerung in den Ballungsräumen steigern den Bedarf an leistungsfähiger Infrastruktur. Zudem erzeugen verschärfte EU-Vorgaben und nationale Regelungen zu Mikroplastik, Medikamentenrückständen und Nährstoffeinträgen einen Druck zur technologischen Erneuerung. Die Kommunen stehen vor der Herausforderung, Lösungen zu finden, die sowohl nachhaltig als auch bezahlbar sind. Die Debatte über die Modernisierung der Wasser- und Abwasserinfrastruktur umfasst daher nicht nur technische Aspekte, sondern ist auch eine gesellschaftliche und politische Herausforderung.
In diesem Kontext betrachtet der folgende Artikel die unterschiedlichen Aspekte der bevorstehenden Erneuerungswelle: Beginnend mit dem Zustand der Netze und Anlagen, über finanzielle Aspekte, technische Neuerungen und gesetzliche Rahmenbedingungen bis hin zu Klimaanpassungen, gesellschaftlichen Diskussionen und zukünftigen Aussichten. Ein Blick auf die Zahlen und Fakten verrät: Im Jahr 2025 stehen Hessens Kanäle und Kläranlagen vor einer der größten Herausforderungen seit ihrer Errichtung.
Zustand und Alter der hessischen Wasser- und Abwasserinfrastruktur
Über die letzten Jahrzehnte hinweg wurde die kommunale Wasser- und Abwasserinfrastruktur in Hessen stetig ausgebaut, modernisiert und gepflegt. Trotzdem sind ein Großteil der vorhandenen Anlagen und Netze mittlerweile erheblich gealtert. Wie der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) berichtet, sind die Kanalnetze in Hessen im Durchschnitt etwa 45 Jahre alt. In vielen Teilabschnitten, vor allem in den älteren Stadtteilen und ländlichen Gebieten, sind die Abschnitte noch aus den 1960er- und 1970er-Jahren. In der Vergangenheit waren die Systeme oft für eine viel geringere Bevölkerungsdichte und weniger strenge Umweltauflagen ausgelegt. Heute leiden sie oft unter Überlastung, Materialermüdung und äußeren Einflüssen wie Wurzeleinwuchs oder Bodenbewegungen.
Vor allem Beton-, Steinzeug- oder ältere Kunststoffkanäle sind immer häufiger von Schäden wie Rissen, Undichtigkeiten oder Abplatzungen betroffen. Die Analyse durch Kamerabefahrung und moderne Sensortechnik hat ergeben, dass schätzungsweise 20 bis 25 Prozent der Kanalnetze laut dem hessischen Umweltministerium sanierungsbedürftig sind. Die Konsequenzen können einen erhöhten Fremdwassereintrag und unkontrollierte Überläufe bei Starkregen sowie Umweltschäden durch austretendes Abwasser umfassen.
In Hessen gibt es rund 750 Kläranlagen, die vielerorts ebenfalls am Limit sind. Viele der Anlagen wurden in den 1970er- und 1980er-Jahren errichtet und sind nach den damaligen technischen Standards ausgelegt. Inzwischen sind die mechanischen und biologischen Reinigungsstufen oft veraltet, die Steuerungssysteme entsprechen nicht mehr dem neuesten Stand der Technik und die Bausubstanz ist durch Jahrzehnte der Belastung angegriffen. Zudem waren viele Anlagen ursprünglich für geringere Zulaufmengen und weniger komplexe Schadstoffbelastungen ausgelegt. Die aktuellen Vorgaben zur Elimination von Stickstoff, Phosphor und Spurenstoffen sind für viele Altanlagen technisch nicht mehr zu bewältigen.
In den letzten Jahren haben begrenzte Haushaltsmittel und der Fokus auf andere kommunale Aufgaben dazu geführt, dass der Sanierungsstau sich weiter verschärft hat. Der Bedarf an Modernisierung hat sich in einigen Gebieten auch durch die demografische Entwicklung verändert: Während die Infrastruktur in wachsenden Ballungszentren an ihre Kapazitätsgrenzen stößt, haben ländliche Gemeinden mit Überdimensionierung und einem schwierigen Verhältnis von Investitionsaufwand zu Gebührenaufkommen zu kämpfen. Der Gesamtzustand der Wasser- und Abwassernetze in Hessen ist also je nach Region unterschiedlich, aber es ist landesweit ein klarer Trend zu beobachten, dass der Erneuerungsbedarf steigt.
Finanzielle Herausforderungen für Städte und Gemeinden
Die Kommunen in Hessen müssen erhebliche finanzielle Belastungen bewältigen, wenn sie Kanäle und Kläranlagen erneuern wollen. Eine VKU-Studie, die im Frühjahr 2025 herauskam, schätzt, dass in Hessen in den kommenden zehn Jahren etwa 6,5 Milliarden Euro benötigt wird, um die Wasser- und Abwasserinfrastruktur zu sanieren, zu modernisieren und neu zu bauen. In diesem Betrag sind die dringend erforderlichen Instandsetzungen maroder Kanäle sowie die technische Aufrüstung und Erweiterung bestehender Kläranlagen enthalten. Damit ist der jährliche Investitionsbedarf erheblich höher als der Durchschnitt der letzten Jahre, der etwa 400 Millionen Euro pro Jahr betrug.
Für zahlreiche Städte und Gemeinden ist dieser hohe Finanzierungsbedarf eine große Herausforderung. Die kommunalen Haushalte sind durch steigende Sozialausgaben, erforderliche Investitionen in Schulen, Kitas und Verkehrsinfrastruktur sowie die Auswirkungen der Corona-Pandemie ohnehin belastet. Außerdem sind Wasser- und Abwassergebühren in der Öffentlichkeit ein sensibles Thema: Erhöhen sich die Entgelte, gibt es schnell Widerstand von Bürgerinnen und Bürgern sowie aus der Lokalpolitik. Es steht jedoch fest, dass ohne zusätzliche finanzielle Mittel die Versorgungssicherheit und die Einhaltung von Umweltstandards nicht möglich sind.
Ein weiteres Problem ergibt sich aus der Finanzierungssystematik: In der Regel werden die Sanierungskosten über Gebühren auf die Nutzerinnen und Nutzer umgelegt. In Gemeinden, die schrumpfen und deren Bevölkerung zurückgeht, führt dies zu einem Teufelskreis: Die Infrastruktur muss trotz allem erhalten und gewartet werden, während die Einnahmen sinken und die Pro-Kopf-Belastung steigt. In wachsenden Städten sind oft große Investitionen erforderlich, um die Kapazitäten zu erweitern, was kurzfristig zu Gebührensprüngen führen kann.
Aus diesem Grund fordert der VKU mehr Unterstützung von Land und Bund. Im Jahr 2024 hat das Land Hessen in einem Sonderprogramm etwa 200 Millionen Euro für Investitionen in die Wasserwirtschaft bereitgestellt. Um den aktuellen Investitionsstau zu beheben, sind jedoch deutlich höhere Summen notwendig. Auch der Bund muss die Kommunen unterstützen, um die Infrastrukturaufgaben zu bewältigen, zum Beispiel durch zinsgünstige Kredite, Investitionszuschüsse oder eine gezielte Entlastung bei den gesetzlichen Anforderungen. Ohne eine nachhaltige Finanzierungslösung, so die Experten, besteht die Gefahr, dass notwendige Sanierungen weiterhin aufgeschoben werden und die Kosten dadurch in der Zukunft noch steigen.
Technologische Innovationen und Modernisierungspotenziale
Es gibt große Chancen, den Sanierungsbedarf der Wasser- und Abwasserinfrastruktur effizienter und nachhaltiger zu bewältigen, indem wir ihre technischen Fortschritte nutzen. Mit modernen Technologien ist es möglich, das Alterungsmanagement von Netzen und Anlagen zu optimieren; sie können nicht nur länger leben, sondern auch die Energieeffizienz verbessern und umweltfreundlicher gestaltet werden. In Hessen nutzen zahlreiche Kommunen und Zweckverbände schon jetzt kreative Verfahren und Materialien, um die Herausforderungen der kommenden Jahre zu bewältigen.
In der Kanalsanierung werden immer häufiger grabenlose Verfahren eingesetzt. Anstatt ganze Straßen aufzureißen, werden beschädigte Kanäle von innen mit speziellen Schlauchlinern aus Kunststoff oder punktuell mit Kurzlinern ausgebessert. Diese Methode verkürzt die Bauzeit, minimiert Verkehrsbehinderungen und senkt die Kosten im Vergleich zu herkömmlichen Sanierungen erheblich. Dank hochentwickelter Kamerasysteme und Sensorik ist es möglich, Schäden präzise zu lokalisieren und ihren Zustand zu bewerten, was eine gezielte Sanierung ermöglicht.
Selbst im Bereich der Kläranlagen entwickelt sich die Technik schnell. Fortschrittliche Anlagen nutzen mehrstufige Reinigungsprozesse, die neben der herkömmlichen Stickstoff- und Phosphorentfernung auch Mikroverunreinigungen wie Medikamentenrückstände und Mikroplastik herausfiltern können. Die vierte Reinigungsstufe, die bereits in Pilotprojekten in Frankfurt am Main und Darmstadt erprobt wird, wird als wegweisend angesehen. Sie erlaubt es, Spurenstoffe zu eliminieren, die bislang größtenteils ungereinigt in Gewässer eingeleitet wurden.
Die Digitalisierung ist ein weiteres Feld der Innovation. Durch intelligente Steuerungs- und Überwachungssysteme ist es möglich, dass Kläranlagen und Pumpwerke bedarfsgerecht betrieben werden, wodurch Energie und Chemikalien eingespart werden können. Predictive Maintenance, oder die vorausschauende Wartung gestützt auf Sensordaten, trägt dazu bei, Ausfälle zu vermeiden und die Lebensdauer der Anlagen zu verlängern. Zudem setzen viele hessische Kommunen auf die Eigenenergieversorgung ihrer Kläranlagen, indem sie beispielsweise auf Blockheizkraftwerke, Photovoltaik oder die Nutzung von Klärgas zurückgreifen.
Es ist möglich, den Modernisierungsbedarf in der Wasserwirtschaft effizienter zu bewältigen, wenn man technische Neuerungen mit einer gezielten Sanierungsplanung verbindet. Trotzdem hängt die Umsetzung von Finanzierung, Know-how und Akzeptanz ab. Um die flächendeckende Einführung neuer Technologien zu unterstützen, sind Förderprogramme von Land, Bund und EU entscheidend.
Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasser- und Abwasserinfrastruktur
Die Wasser- und Abwasserwirtschaft in Hessen muss sich durch den Klimawandel neuen, komplexen Herausforderungen stellen. Die Auswirkungen von Extremwetterereignissen wie Starkregen, prolonged Trockenperioden und steigenden Temperaturen sind direkt auf die Funktionsfähigkeit der bestehenden Infrastruktur zu spüren. Die Berücksichtigung der Anpassung an diese neuen klimatischen Gegebenheiten wird ein entscheidendes Thema bei der Planung und Renovierung von Kanälen und Kläranlagen.
Heftige Regenfälle, wie sie in den letzten Jahren auch in Hessen häufiger vorkamen, belasten die Kanalsysteme enorm. Um große Wassermengen in kurzer Zeit abzuleiten, ist oft ein Überlastungs-, Rückstausystem und im schlimmsten Fall eine Überflutung von Straßen und Kellern erforderlich. Ältere Kanalnetze, die nach dem Mischsystem arbeiten und sowohl Schmutz- als auch Regenwasser transportieren, erreichen hierbei schnell ihre Kapazitätsgrenzen. Dies führt dazu, dass Mischwasser unkontrolliert in Oberflächengewässer eingeleitet wird, was die Wasserqualität mindert und ökologische Schäden verursacht.
Um dem entgegenzuwirken, setzen zahlreiche Gemeinden auf technische und organisatorische Maßnahmen zur Vorsorge gegen Starkregen. Hierzu zählen der Ausbau von Rückhaltebecken, das Anlegen von Versickerungsflächen, die Begrünung urbaner Zentren sowie die gezielte Entkopplung von Regen- und Schmutzwasserströmen. Es werden zunehmend innovative Konzepte wie die Schwammstadt-Prinzipien eingesetzt, die urbanen Raum gezielt dazu nutzen, Regenwasser zu sammeln und zu speichern.
Neben Starkregen sind auch längere Trockenperioden und der Rückgang des Grundwasserspiegels problematisch. Eine Abnahme der Verdünnung von Abwässern und ein Anstieg der Schadstoffkonzentrationen in Kanälen und Kläranlagen könnten durch den Klimawandel verursacht werden. Es ist wichtig, dass Kläranlagen so konstruiert sind, dass sie auch bei reduzierten Zulaufmengen effizient arbeiten und die Grenzwerte für Schadstoffe einhalten. In Trockenjahren erhöht sich der Druck auf die Trinkwasserversorgung, weshalb eine enge Abstimmung zwischen Wasserver- und -entsorgung notwendig ist.
Um die Anpassung an den Klimawandel zu meistern, sind enorme Investitionen in die Infrastruktur nötig; zudem müssen Stadtentwicklung, Gewässerschutz und technische Planung besser vernetzt werden. Verschiedene Modellprojekte in Hessen arbeiten daran, klimaresiliente Wassersysteme zu gestalten. Fachleute heben hervor, dass der Klimawandel für die Wasserwirtschaft nicht nur eine technische, sondern auch eine gesellschaftliche Herausforderung ist, die ein Umdenken in der Planung und im Betrieb nötig macht.
Neue gesetzliche Vorgaben und Regulierungen
In den vergangenen Jahren sind die gesetzlichen Vorgaben für die Wasser- und Abwasserwirtschaft deutlich strenger geworden. Um den Gewässerschutz, die Trinkwasserqualität und die Ressourceneffizienz zu verbessern, wurden auf EU-, Bundes- und Landesebene zahlreiche neue Regeln erlassen. Die kommunalen Betreiber in Hessen stehen durch diese Vorgaben unter einem erheblichen Druck, um zu modernisieren und sich anzupassen.
Ein wichtiges Thema ist die Überarbeitung der EU-Kommunalabwasserrichtlinie, die 2024 beschlossen wurde und ab 2025 nach und nach in nationales Recht umgesetzt wird. Nach der neuen Richtlinie müssen Kläranlagen ab einer bestimmten Größe künftig eine vierte Reinigungsstufe einführen, um Spurenstoffe wie Arzneimittelrückstände, Mikroplastik und hormonaktive Substanzen zu beseitigen. Dies bedeutet für viele Kläranlagen in Hessen, dass sie erheblich in neue Technik und Erweiterungsbauten investieren müssen.
Auch im Bereich der Regenwasserbewirtschaftung gelten strengere Regeln: Die Einleitung von Misch- und Niederschlagswasser in Oberflächengewässer ist nur noch in Ausnahmefällen erlaubt. Es obliegt den Kommunen zu beweisen, dass die Einleitungen keine negativen Folgen für die Gewässerökologie haben. Das erfordert zusätzliche Rückhaltebecken, Versickerungsanlagen und eine bessere Trennung von Schmutz- und Regenwasser.
Bundesweit gilt jetzt eine strengere Regelung zur Dichtheitsprüfung für private und öffentliche Abwasserkanäle. Es obliegt den Kommunen, regelmäßige Überprüfungen vorzunehmen und undichte Leitungen schnellstmöglich zu reparieren. Die Anforderungen an die Eigenüberwachung von Kläranlagen sind ebenfalls gestiegen: Betreiber sind jetzt verpflichtet, den Betrieb transparent zu dokumentieren, Störfälle zu melden und Maßnahmen zur Energieeinsparung sowie zur CO2-Reduktion nachzuweisen.
Die Anforderungen in der hessischen Landeswassergesetzgebung wurden vom Land Hessen noch einmal konkretisiert. Dazu zählen schärfere Vorgaben zur Bewirtschaftung von Niederschlagswasser, die Unterstützung naturnaher Regenwasserbewirtschaftung und die Einrichtung von Wasserschutzgebieten. Die Kommunen müssen durch diese Änderungen nicht nur mit höheren Investitionskosten rechnen, sondern auch mit einem wachsenden administrativen Aufwand. Die Einhaltung der Vorgaben wird intensiv überwacht; Verstöße können durch Bußgelder und Auflagen geahndet werden.
Die neuen gesetzlichen Vorgaben gelten als ein bedeutender Fortschritt für den Schutz der Gewässer und eine nachhaltige Wasserwirtschaft, so die Experten. Die kommunalen Spitzenverbände warnen jedoch, dass es ohne ausreichende finanzielle Unterstützung kaum möglich sei, dies umzusetzen. Im Jahr 2025 dominiert die Debatte über Förderprogramme, Übergangsfristen und praktikable Lösungen.
Gesellschaftliche Debatte um Gebühren, Transparenz und Akzeptanz
Die anstehende Erneuerung der Wasser- und Abwasserinfrastruktur in Hessen ist nicht nur eine Frage der Technik und der Finanzen; sie stellt auch eine gesellschaftliche Herausforderung dar. In vielen Fällen werden die notwendigen Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten an Netzen und Anlagen mit höheren Gebühren für die Bürgerinnen und Bürger verbunden sein. Diese Entwicklung hat ein geteiltes Echo in der Bevölkerung und sorgt für hitzige Debatten auf kommunaler Ebene.
In Hessen gelten Wasser- und Abwassergebühren dem Kostendeckungsprinzip: Die Kommunen dürfen maximal das verlangen, was nötig ist, um ihre tatsächlichen Kosten zu decken. In der Praxis heißt das, dass Infrastrukturinvestitionen direkt den Nutzern in Rechnung gestellt werden. In Zeiten, in denen massive Sanierungswellen anstehen, können dadurch spürbare Gebührenerhöhungen entstehen, vor allem in Gebieten, die ohnehin unter einer hohen Belastung durch Lebenshaltungs- und Energiekosten leiden.
Die Verbraucherverbände fordern deshalb, dass die Gebührenstrukturen transparent und nachvollziehbar sind. Sie bemängeln, dass viele Kommunen kaum über die Gründe für die Erhöhung der Entgelte informieren und die Bürger nicht ausreichend in die Entscheidungsprozesse einbeziehen. Immer mehr Städte und Gemeinden setzen auf offene Kommunikation, um die Akzeptanz für notwendige Investitionen zu erhöhen. Um das Bewusstsein für die Wichtigkeit einer funktionierenden Infrastruktur zu verbessern, werden Informationsveranstaltungen, Bürgerversammlungen und Online-Plattformen eingesetzt.
Ein besonders umstrittenes Thema ist, wie man die Kosten zwischen städtischen und ländlichen Gemeinden aufteilen kann. In Ballungsräumen senken größere Einzugsgebiete und mehr Nutzer die Kosten pro Kopf, während kleine Kommunen mit wenigen Einwohnern oft hohe Gebühren erheben müssen, um die Infrastruktur zu finanzieren. Aus diesem Grund ist die Landespolitik auf der Suche nach Wegen, um die Gebührenbelastung sozial ausgewogen zu gestalten und Härtefälle abzumildern.
Ein weiterer Punkt, der in der Gesellschaft diskutiert wird, ist der Umweltschutz und die Nachhaltigkeit. Viele Bürger verlangen, dass bei der Sanierung und Modernisierung der Netze umweltfreundliche Materialien verwendet, energieeffiziente Lösungen umgesetzt und die Gewässer geschützt werden. Das Interesse an dezentralen Lösungen wie Regenwassernutzung, naturnaher Versickerung oder kleinen Kläranlagen im ländlichen Raum wächst jedoch gleichzeitig. Bürgerinitiativen und Umweltverbände beteiligen sich aktiv an der Debatte über die Zukunft der Wasserwirtschaft.
Die Bereitschaft, steigende Gebühren und aufwendige Bauprojekte zu akzeptieren, hängt letztlich eng zusammen mit der Transparenz der Entscheidungsprozesse, der Kommunikationsqualität und dem Vertrauen in die Verantwortlichen. Kommunen, die frühzeitig über notwendige Investitionen informieren und Bürger in die Planung einbeziehen, finden oft mehr Verständnis und Unterstützung.
Fachkräftemangel und Herausforderungen im Betrieb
Ein oft nicht beachteter, aber entscheidender Aspekt der Erneuerung der Wasser- und Abwasserinfrastruktur in Hessen ist der wachsende Fachkräftemangel. Um im hochspezialisierten Bereich der Wasserwirtschaft arbeiten zu können, braucht es qualifizierte Fachkräfte wie Ingenieure, Techniker, Anlagenmechaniker und IT-Experten. Im Jahr 2025 wird die Lage noch angespannter: Zahlreiche alteingesessene Fachkräfte ziehen sich ohne adäquaten Nachwuchs zurück. Zur gleichen Zeit erhöhen neue Technologien, strengere Umweltvorschriften und kompliziertere Betriebsabläufe die Anforderungen an Betrieb, Wartung und Sanierung der Anlagen.
Wie das Hessische Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie berichtet, sind derzeit etwa 10 Prozent der technischen Stellen in der kommunalen Wasserwirtschaft unbesetzt. Kleinere und mittlere Kommunen sind besonders betroffen, da sie es schwer haben, mit den Gehältern und den Entwicklungsmöglichkeiten in größeren Städten oder der Industrie mitzuhalten. Durch die Digitalisierung und den Fortschritt der Technik wird der Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter zusätzlich verschärft: Es werden nicht nur klassische Handwerksberufe, sondern auch Experten für Automatisierung, IT-Sicherheit und Datenanalyse gesucht.
Die Engpässe im Personalbereich beeinflussen direkt die Sanierungsdynamik. Viele Kommunen berichten, dass geplante Projekte verschoben werden müssen, weil es an Planern, Bauleitern oder spezialisierten Bauunternehmen fehlt. Während des Betriebs erhöhen fehlende Fachkräfte die Störanfälligkeit, verlängern die Ausfallzeiten und erhöhen das Risiko von Betriebsstörungen. Damit kann die Versorgungssicherheit und -zuverlässigkeit gefährdet sein.
Um den Fachkräftemangel zu bekämpfen, greifen Verbände und Kommunen auf eine Vielzahl von Maßnahmen zurück. Das umfasst eine intensivere Nachwuchswerbung, Partnerschaften mit Hochschulen und Berufsschulen, flexible Arbeitszeitmodelle sowie gezielte Fortbildungsprogramme. Die Kommunikation über die Attraktivität des Berufsbildes erfolgt ebenfalls offensiv: Die Wasserwirtschaft bietet sichere und sinnstiftende Arbeitsplätze, die eine hohe gesellschaftliche Relevanz haben.
Ein weiteres Problemfeld ist die Beauftragung von externen Dienstleistern. Wegen der hohen Nachfrage haben viele spezialisierte Ingenieurbüros und Bauunternehmen, auf die Kommunen angewiesen sind, lange Vorlaufzeiten und steigende Preise. Um die Personal- und Ressourcenknappheit besser zu bewältigen, gelten die Bündelung von Aufträgen, interkommunale Kooperationen und die Gründung von Zweckverbänden als mögliche Ansätze.
Der Mangel an qualifizierten Fachkräften betrifft somit nicht nur die Ausbildung, sondern auch die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der gesamten Branche. Ohne genügend qualifizierte Fachkräfte besteht die Gefahr, dass die dringend benötigte Erneuerung der Wasser- und Abwasserinfrastruktur in Hessen Verzögerungen und zusätzliche Kosten erleidet.
Perspektiven und Zukunftsszenarien für Hessens Wasserwirtschaft
In den nächsten Jahren wird es entscheidend sein, wie Hessens Wasser- und Abwasserwirtschaft den Wandel hin zu einer zukunftsorientierten, resilienten und nachhaltigen Infrastruktur bewältigt. Die Herausforderungen sind enorm, doch gleichzeitig gibt es viele Chancen und kreative Lösungen, die eine erfolgreiche Erneuerung ermöglichen können.
Ein wichtiges Zukunftsszenario ist die umfassende Digitalisierung und Automatisierung der Netze und Anlagen. Mit Hilfe von intelligenten Leitsystemen, Echtzeitdaten und Künstlicher Intelligenz ist es möglich, Betriebsabläufe zu verbessern, Störungen frühzeitig zu identifizieren und Wartungsarbeiten effizienter zu planen. Durch die Implementierung von Smart-Metering und vernetzten Sensoren ist es möglich, die Wasserflüsse genau zu steuern, den Verbrauch besser zu prognostizieren und gezielt Energie zu sparen. Zukünftig könnten moderne Kläranlagen Energie- und Rohstofflieferanten werden, indem sie Biogas erzeugen, Phosphor recyceln und Reststoffe als Wertstoffe aufbereiten.
Die Kreislaufwirtschaft wird ebenfalls immer wichtiger. In der Zukunft wollen wir Abwasserströme als Ressource statt als Abfall ansehen. In Hessen werden bereits Pilotprojekte umgesetzt, die Nährstoffrückgewinnung, die Nutzung von gereinigtem Abwasser zur Bewässerung oder für industrielle Zwecke sowie die stoffliche Verwertung von Klärschlamm angehen. Die enge Verbindung zwischen Wasserwirtschaft, Landwirtschaft sowie Energie- und Abfallwirtschaft schafft neue Synergien und Chancen für Innovationen.
In der Stadt- und Regionalentwicklung wächst das Bewusstsein dafür, dass wasserwirtschaftliche Infrastruktur unbedingt Teil einer nachhaltigen und klimaresilienten Stadtplanung sein muss. Die Stadtentwicklung kann durch die Integration von Regenwassermanagement, grüner Infrastruktur und naturnahen Gewässern verbessert werden, um Extremwetterereignissen besser zu begegnen und die Lebensqualität zu steigern. Die Zusammenarbeit zwischen Kommunen und regionalen Zusammenschlüssen ermöglicht es, Ressourcen zu bündeln und Wissen gemeinsam zu nutzen.
Eine zentrale Herausforderung bleibt die Finanzierung der Erneuerungswelle. Neue Ansätze wie Public-Private-Partnerships, Bürgerbeteiligungen oder die Einbindung von EU-Fördermitteln könnten als frische Wege zur Mobilisierung von Investitionskapital dienen. Parallel dazu wird die Debatte über eine sozial ausgewogene Gebührenstruktur und die gezielte Unterstützung benachteiligter Regionen wichtiger werden.
Wie sehr die Gesellschaft die erforderlichen Maßnahmen akzeptiert, wird stark davon abhängen, wie transparent und nachvollziehbar die Entscheidungen kommuniziert werden und wie sehr Bürgerinnen und Bürger in Planung und Umsetzung einbezogen werden. Entwicklung, Aufklärung und Mitwirkung sind ausschlaggebende Elemente für das Gelingen der Erneuerung.
Im Jahr 2025 wird die Wasserwirtschaft in Hessen vor einer umfassenden Transformation stehen. In den kommenden Jahren wird sich herausstellen, ob wir die Herausforderungen als Chance für Innovation, Nachhaltigkeit und eine sichere Daseinsvorsorge nutzen können. Infrastrukturentscheidungen werden jetzt getroffen – für die Zukunft und die Generationen, die noch kommen.