
Im Frühjahr 2025 wird die Stadt Kassel das Erinnern, die Mahnung und die Hoffnung zelebrieren. Die Region setzt ein wichtiges Zeichen gegen Rechtsextremismus und für Demokratie sowie eine offene Gesellschaft mit der Einweihung des Kunstwerks "86° Walter Halit" auf dem Dach des Regierungspräsidiums Kassel. Zwei Opfer rechtsextremer Gewalt werden in der Installation der angesehenen Künstlerin Natascha Sadr Haghighian gewürdigt: Walter Lübcke, der 2019 als Regierungspräsident und CDU-Politiker auf seiner Terrasse in Wolfhagen-Istha von einem Rechtsextremisten erschossen wurde, und Halit Yozgat, der 2006 in seinem Internetcafé in Kassel einem Mordanschlag der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) zum Opfer fiel.
Die Bundesrepublik wurde durch beide Fälle bis ins Mark erschüttert; sie brachten die Gesellschaft dazu, grundlegende Fragen darüber zu stellen, wie man mit Rechtsextremismus, Hass und Ausgrenzung umgehen soll. Obwohl die Lebenswege von Lübcke und Yozgat kaum unterschiedlicher sein könnten, verbindet ihr Schicksal sie tragischerweise: Sie wurden Opfer tödlicher Gewalt, weil sie für Werte eintraten, die die Grundlage des demokratischen Zusammenlebens sind. Das Kunstwerk hat die Aufgabe, nicht nur den Opfern zu gedenken, sondern auch Verantwortung und Engagement für eine offene, pluralistische Gesellschaft zu fordern.
Der Installationsort – das Regierungspräsidium Kassel – wurde bewusst ausgewählt. Das Verwaltungsgebäude ist das Herzstück der Verwaltung; es steht symbolisch für staatliche Verantwortung, Rechtssicherheit und Demokratie. Durch die Entscheidung, das Kunstwerk auf dem Dach zu positionieren, wird es zur Zielscheibe des Blicks: Erinnerung und Mahnung sollen buchstäblich strahlen und nicht verborgen bleiben. Die Einweihung ist in ein umfangreiches Rahmenprogramm eingebettet, das Gedenkveranstaltungen, Diskussionsforen und Bildungsinitiativen umfasst und viele Akteure aus Politik, Zivilgesellschaft, Kunst und Wissenschaft zusammenbringt.
Das Werk "86° Walter Halit" ist nicht nur ein Denkmal für zwei verlorene Leben, sondern auch ein gesellschaftlicher Auftrag: Der Kampf gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Ausgrenzung ist eine ständige Aufgabe für Staat und Gesellschaft. Die Kunstinstallation soll nicht den Abschluss markieren, sondern den Beginn einer neuen Phase des Dialogs und der Wachsamkeit. Vielleicht wird die Einweihung im Jahr 2025 ein wichtiger Meilenstein im kollektiven Gedächtnis der Stadt Kassel und darüber hinaus sein.
Rechtsextremistische Gewalt in Deutschland: Hintergründe und Entwicklungen
Walter Lübcke, geboren 1953 in Bad Wildungen, war über viele Jahre ein aktiver Politiker der Christlich Demokratischen Union (CDU). Er hatte verschiedene Positionen in der Kommunalpolitik inne und übernahm ab 2009 die Leitung des Regierungspräsidiums Kassel als Regierungspräsident. Als pragmatischer Verwaltungschef wurde Lübcke angesehen, der zudem für seine klare Haltung in gesellschaftspolitischen Fragen bekannt war, vor allem in der Flüchtlingspolitik. Er wurde zur Zielscheibe rechtsextremer Anfeindungen, weil er öffentlich für die Aufnahme und Integration Geflüchteter eintrat. Am 2. Juni 2019 wurde Lübcke auf seiner Terrasse in Wolfhagen-Istha ermordet. Ein bekannter Rechtsextremist, der Täter, erhielt im Jahr 2021 eine lebenslange Haftstrafe. Die bundesweite Empörung über die Tat zeigt, wie sehr sie das Ausmaß der Gewalt und der Hassverbrechen von Rechtsextremisten gegen Repräsentanten demokratischer Institutionen offenbarte.
Halit Yozgat ist 1985 in Kassel zur Welt gekommen. Er wuchs als Sohn türkischer Einwanderer in einer nordhessischen Stadt auf. Er machte im Alter von 21 Jahren nach der Schule den Schritt und eröffnete ein Internetcafé, das sich schnell zu einem beliebten Treffpunkt entwickelte. Yozgat wurde am 6. April 2006 in seinem Geschäft erschossen. Der Mord gehörte zur bundesweiten Terrorserie des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU), der zwischen 2000 und 2007 neun Menschen mit Migrationshintergrund und eine Polizistin ermordete. Der Mord an Yozgat war besonders brisant, weil ein Mitarbeiter des Verfassungschutzes zur Tatzeit ebenfalls im Café war, was die Ermittlungen verzögerte und zu heftiger Kritik an den Behörden führte.
Die Lebenswege von Lübcke und Yozgat sind ein Beispiel für verschiedene Aspekte des Zusammenlebens in Deutschland: Der eine als Staatsvertreter, der andere als junger Unternehmer mit Migrationshintergrund. In beiden Fällen wurden jedoch Menschen Opfer, weil sie für eine offene Gesellschaft eintraten oder so wahrgenommen wurden. Ihre Erzählungen sind eng verknüpft mit den Diskussionen über Rassismus, gesellschaftliche Vielfalt und die Werte der Demokratie. Die Biografien zeigen eindrucksvoll, wie tödlich Hass und Ausgrenzung wirken können – und sie machen deutlich, wie wichtig es ist, allen Formen rechtsextremistischer Ideologie wachsam zu begegnen.
Die Biografien von Walter Lübcke und Halit Yozgat
Die Morde an Walter Lübcke und Halit Yozgat sind nicht isoliert, sondern sie markieren Höhe- und Wendepunkte in der langen Geschichte der rechtsextremen Gewalt in Deutschland. Seit den 1980er Jahren beobachten wir einen stetigen Anstieg von rassistisch motivierten Gewalttaten. Einerseits eröffnete die Wiedervereinigung neue Chancen für das Zusammenwachsen der Gesellschaft, andererseits stiegen die Übergriffe auf Migrantinnen und Migranten, Geflüchtete und Andersdenkende deutlich. Die Anschläge in Mölln (1992) und Solingen (1993), die Mordserie der NSU (2000-2007) sowie die Ermordung von Walter Lübcke (2019) sind nur einige der bekanntesten Fälle rechtsextremistisch motivierter Verbrechen.
Die Untersuchung der NSU-Mordserie deckte viele Mängel in der Arbeit von Polizei und Verfassungsschutz auf – von institutionellem Rassismus über fehlende Sensibilität bis hin zu gravierenden Ermittlungsfehlern. Auch im Fall Lübcke wurde die Radikalisierung und Gewaltbereitschaft, die Teile der rechtsextremen Szene inzwischen erreicht hatten, lange Zeit unterschätzt. Seit geraumer Zeit schlagen Fachleute Alarm über die immer schlimmer werdende gesellschaftliche Verrohung, die durch Hass im Netz, Verschwörungstheorien und die Verbreitung von rechtsextremen Narrativen in sozialen Medien angeheizt wird.
Die Statistiken des Bundeskriminalamts und des Bundesamts für Verfassungsschutz zeigen, dass die Anzahl der rechtsextrem motivierten Straftaten im Jahr 2025 wieder gestiegen ist. Vor allem die Hemmschwelle für Gewalt gegen politische Vertreter und Menschen mit Migrationshintergrund sinkt. Die Szene umfasst eine große Vielfalt: Sie umfasst alles von organisierten Neonazi-Strukturen über sogenannte "Reichsbürger" bis zu radikalisierten Einzeltätern, die sich online vernetzen. Die gesellschaftlichen Auswirkungen sind erheblich – sie betreffen nicht nur die direkt Betroffenen, sondern auch das Vertrauen in den Rechtsstaat und die Demokratie.
Es gibt zahlreiche Reaktionen auf rechtsextremistische Gewalt. Neben polizeilichen und juristischen Maßnahmen sind in den letzten Jahren zahlreiche Präventions- und Bildungsprogramme entstanden. Zivilgesellschaftliche Initiativen, Kirchen, Sportvereine und Kulturinstitutionen setzen sich bundesweit gegen Rassismus und für demokratische Werte ein. Das Einweihen des Kunstwerks in Kassel ist ein Teil dieses umfassenden gesellschaftlichen Engagements – es sendet das Signal, dass der Gedenken an die Opfer und der Kampf gegen Rechtsextremismus Hand in Hand gehen.
Die Bedeutung von Erinnerungskultur und Gedenkkunst
Es braucht mehr als juristische Aufarbeitung und polizeiliche Prävention, um sich mit rechtsextremistischer Gewalt auseinanderzusetzen. Eine lebendige Erinnerungskultur ist gefordert, die die Opfer ehrt, gesellschaftliche Ursachen reflektiert und Handlungsmöglichkeiten aufzeigt. In Deutschland hat sich seit den 1980er Jahren eine vielfältige Gedenkkultur entwickelt, die unterschiedlichste Formen annimmt: von Denkmälern für die Opfer des Nationalsozialismus über Stolpersteine bis hin zu künstlerischen Interventionen im öffentlichen Raum.
In den letzten Jahrzehnten hat die Kunst sich besonders als ein wirkungsvolles Medium des Erinnerns und Mahnens etabliert. Mit Kunstwerken wie der Installation "86° Walter Halit" ist es möglich, komplizierte historische Zusammenhänge in sinnlich erfahrbare Darstellungen zu übersetzen. Sie laden ein, einen Moment anzuhalten, Fragen zu stellen und über soziale Verantwortung nachzudenken. Im Gegensatz zu den oft monumentalen und statischen Formen des Gedenkens, die wir von traditionellen Denkmälern kennen, wählen viele zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler heute partizipative und offene Ansätze. Indem sie die Erinnerung als einen Prozess darstellen, fordern sie das Publikum zur aktiven Auseinandersetzung mit Geschichte und Gegenwart auf.
Die Gedenkkunst in Deutschland hat dabei besondere Herausforderungen zu meistern. Es ist wichtig, die Einzigartigkeit der Verbrechen des Nationalsozialismus zu anerkennen, aber gleichzeitig müssen wir aktuelle Erscheinungsformen von Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus beobachten. Es ist entscheidend, Vergangenheit und Gegenwart zu verknüpfen: Die Erinnerung an die NS-Opfer ist eng verbunden mit der Bekämpfung aktueller Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Indem sie persönliche Schicksale sichtbar macht und gesellschaftliche Diskussionen anregt, schafft Kunst wie die in Kassel Räume für diese Auseinandersetzung.
Die Diskussion über die angemessene Form des Gedenkens ist aktuell. Es gibt unterschiedliche Ansätze: Während einige auf traditionelle Formen wie Tafeln und Mahnmale setzen, befürworten andere temporäre, experimentelle oder dezentrale Lösungen. In Kassel befindet sich eine Kunstinstallation, die einen neuen Typus von Gedenkkunst verkörpert: Sie ist nicht nur ein Zeichen der Trauer, sondern auch eine Quelle für gesellschaftlichen Wandel. Sie zeigt klar, dass Erinnerung die Zukunft formt und nicht die Vergangenheit bewahrt.
Die Entstehung und Konzeption von "86° Walter Halit"
Das Kunstwerk "86° Walter Halit" wurde im Rahmen eines bundesweiten Wettbewerbs, den das Regierungspräsidium Kassel 2024 ausgeschrieben hat, konzipiert. Man wollte ein künstlerisches Zeichen gegen Rechtsextremismus und für eine offene Gesellschaft setzen. Die Jury war von dem Entwurf der angesehenen Künstlerin Natascha Sadr Haghighian überzeugt, der die Lebensgeschichten von Walter Lübcke und Halit Yozgat verknüpft und gleichzeitig einen Raum für gesellschaftliche Diskussion schafft.
Die Installation ist eine großflächige, begehbare Struktur, die auf dem Dach des Regierungspräsidiums thront. Der Titel "86° Walter Halit" bezieht sich einerseits auf den geografischen Breitengrad von Kassel und andererseits auf die symbolische Verbindung zwischen zwei Menschen, deren Leben und Tod zentrale Fragen der deutschen Gesellschaft berühren. Die Künstlerin nutzt Licht und Klang sowie Materialien, die typische Elemente des öffentlichen Raums sind – wie Metall, Glas und Beton. Auf dem Dach sind alle Besucherinnen und Besucher eingeladen, sich zu bewegen, verschiedene Blickwinkel einzunehmen und eigene Gedanken über die Bedeutung von Freiheit, Demokratie und Vielfalt zu äußern.
Die Offenheit und der prozesshafte Charakter von Erinnerung sind zentrale Aspekte der Konzeption. Haghighian sieht ihr Werk als einen "lebendigen Erinnerungsraum", anstatt es mit einem klassischen Denkmal zu vergleichen, das nur Vergangenes erinnert. Aspekte der Biografien von Lübcke und Yozgat werden an verschiedenen Stationen der Installation aufgegriffen: Persönliche Gegenstände, Zitate, Fotos und Klanginstallationen ermöglichen es, die individuellen Geschichten zu erfahren. Das Werk macht auch gesellschaftliche Zusammenhänge deutlich – zum Beispiel durch die Einbindung von Texten aus parlamentarischen Debatten oder von Beiträgen aus der migrantischen Community.
Die Kunstwerkentwicklung war von lebhaften Debatten begleitet. Familienangehörige der Opfer, Vertreter von Opferverbänden, Forscher und Künstler teilten ihre Sichtweisen. Die Künstlerin sprach mit vielen, die Lübcke und Yozgat kannten, sowie mit Schülerinnen und Schülern, Aktivisten und Politikerinnen. So entsteht ein Erinnerungsort, der die individuelle und die gesellschaftliche Ebene miteinander verknüpft: [..]. Die Installation ist nicht nur nachhaltig errichtet, sondern auch barrierefrei zugänglich – das ist ein Zeichen für Inklusion und Teilhabe.
Die Rolle des Regierungspräsidiums Kassel als Erinnerungsort
In der nordhessischen Verwaltung und Politik ist das Regierungspräsidium Kassel von zentraler Bedeutung. In seiner Funktion als Mittelbehörde des Landes Hessen verbindet es die Landesregierung mit den Kommunen und der Bevölkerung. Indem das Präsidium das Kunstwerk "86° Walter Halit" auf dem Dach des Gebäudes installiert, sendet es ein sichtbares Zeichen gegen Rechtsextremismus und für die Stärkung demokratischer Werte. Der Standort ist nicht zufällig ausgewählt: Das Regierungspräsidium war der Arbeitsplatz von Walter Lübcke über viele Jahre; er war hier bis zu seinem Tod als Präsident tätig. Das Gebäude liegt auch ganz in der Nähe des ehemaligen Internetcafés von Halit Yozgat, das nur wenige Straßenzüge entfernt war.
Ein Verwaltungsgebäude in einen Erinnerungsort zu transformieren, zeigt ein neues Verständnis von Erinnerungskultur. Vielmehr umfasst sie mittlerweile nicht nur Gedenkorte wie Friedhöfe oder Mahnmale, sondern sucht den Austausch mit dem Alltag der Menschen. Das Regierungspräsidium verwandelt sich damit in einen Lern- und Begegnungsort, an dem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Besucherinnen und Besucher sich mit Rechtsextremismus, Demokratie und Vielfalt beschäftigen können. Die Dachinstallation ist öffentlich zugänglich und wird Teil von Führungen, Workshops und Bildungsangeboten, die das Präsidium zusammen mit Schulen, Vereinen und Initiativen organisiert.
Im Vorfeld wurde dieses Format nach intensiven Diskussionen beschlossen. Während Kritiker eine "Politisierung" der Behörde befürchteten, sahen Befürworter eine notwendige Stellungnahme angesichts der gesellschaftlichen Bedrohung durch Rechtsextremismus. In einer Stellungnahme machte das Präsidium deutlich, dass die Verwaltung nicht neutral gegenüber Demokratiefeinden bleiben dürfe; sie müsse aktiv für die Grundwerte des Grundgesetzes eintreten. Die Installation stelle ein Zeichen der Solidarität mit den Opfern dar und sei ein Aufruf an alle, Verantwortung für das Gemeinwesen zu übernehmen.
Das Regierungspräsidium Kassel wurde seit seiner Einweihung im Frühjahr 2025 auch überregional als Erinnerungsort wahrgenommen. Besuchergruppen aus ganz Deutschland und dem Ausland haben sich bereits zahlreich angekündigt. Die Behörde sieht sich als Partnerin in einem umfassenden Bündnis von Politik, Zivilgesellschaft und Kultur, das eine offene, vielfältige und demokratische Gesellschaft fördert.
Reaktionen aus Politik, Gesellschaft und Kunstszene
Die Einweihung des Kunstwerks "86° Walter Halit" hat bundesweit und sogar international für Aufsehen gesorgt. Als ein wichtiges Zeichen gegen Rechtsextremismus und Rassismus wurde das Projekt von Politikerinnen und Politikern aller demokratischen Parteien begrüßt. In seiner Eröffnungsrede stellte der hessische Ministerpräsident fest, dass das Werk "Erinnerung, Mahnung und Auftrag zugleich" sei. Selbst die Bundespräsidentin und die Bundestagspräsidentin fanden lobende Worte und betonten, wie wichtig Kunst und Erinnerungskultur für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sind.
Die künstlerische Würdigung berührte die Opferverbände und die Angehörigen der Ermordeten. Die Familien von Walter Lübcke und Halit Yozgat waren bei der Einweihung dabei und äußerten in Interviews die Hoffnung, dass das Kunstwerk zur Sensibilisierung und Aufklärung beiträgt. Die Vertreter der "NSU Watch" und der "Initiative 6. April", die sich für die Aufklärung der NSU-Morde einsetzen, hoben hervor, wie wichtig es ist, dass die Opfer im öffentlichen Raum gehört werden und dass die Strukturen von Rassismus und Ausgrenzung sichtbar gemacht werden.
Das Projekt wurde auch innerhalb der Kunstszene kontrovers diskutiert. Die Unterstützer hoben die innovative und mit einem Beteiligungsansatz versehene Planung der Künstlerin hervor, die über das Erinnern hinaus auch eine gesellschaftliche Auseinandersetzung anstrebt. Kritiker warfen ein, dass Kunstwerke allein nicht ausreichen, um strukturelle Probleme wie institutionellen Rassismus oder die Verharmlosung von rechtsextremen Taten zu bekämpfen. Es wurde gewarnt, dass Gedenkinitiativen nicht als Feigenblatt für politische Versäumnisse dienen dürfen.
Die Bevölkerung reagierte größtenteils positiv darauf. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger machten von der Gelegenheit Gebrauch, das Kunstwerk zu besuchen und an den Veranstaltungen teilzunehmen, die es begleiteten. Die Einweihung wurde von den Medien breit behandelt, und sie betonten, wie wichtig das Werk für die Erinnerungskultur auf lokaler und nationaler Ebene ist. Das Projekt fand in sozialen Netzwerken unter Hashtags wie #GedenkenKassel und #WalterHalit Diskussionen statt. Viele Nutzerinnen und Nutzer teilten persönliche Geschichten sowie Statements, die sich gegen Rassismus und Rechtsextremismus richten.
Die Einweihung des Kunstwerks hat eine umfassende gesellschaftliche Diskussion angestoßen – über die passenden Formen des Gedenkens, über die Funktion von Kunst im öffentlichen Raum und über die Pflicht aller, sich für Demokratie und Menschenrechte einzusetzen. Es wurde vielfach betont, dass Erinnerung nicht beim Gedenken stehen bleiben darf; sie sollte in politisches und gesellschaftliches Handeln münden.
Bildungs- und Beteiligungsprojekte im Rahmen der Einweihung
Das Kunstwerk "86° Walter Halit" wird in einer feierlichen Einweihung präsentiert, die Teil eines umfassenden Programms ist, das sich auf Bildung, Beteiligung und den gesellschaftlichen Dialog konzentriert. Schulen aus Kassel und der Umgebung engagieren sich mit Projekttagen, Workshops und Führungen, um sich mit den Themen Rechtsextremismus, Erinnerungskultur und Demokratie auseinanderzusetzen. Lehrkräfte erhalten Unterstützung durch Fortbildungen und Materialien, um das Gedenken an Walter Lübcke und Halit Yozgat in ihren Unterricht einzubringen. Hierbei stehen vor allem die Konzepte der historisch-politischen Bildung im Vordergrund, die junge Menschen dazu anregen, kritisch zu denken und selbst zu handeln.
Eine Vielzahl von zivilgesellschaftlichen Initiativen, wie Migrantenorganisationen, Religionsgemeinschaften und antifaschistischen Gruppen, beteiligt sich mit eigenen Veranstaltungen. Podiumsdiskussionen, Lesungen, Theaterprojekte und Ausstellungen eröffnen verschiedene Zugänge und Blickwinkel auf das Thema. Zahlreiche Projekte sind interaktiv gestaltet: Jugendliche kreieren eigene künstlerische Beiträge, führen Zeitzeugeninterviews oder planen Gedenkmärsche. Ein zentrales Anliegen der Veranstalter ist es, die Community einzubeziehen, um das Gedenken breit in der Gesellschaft zu verankern.
Um die wissenschaftliche Aufarbeitung der Lebensgeschichten von Lübcke und Yozgat sowie die Analyse von rechtsextremer Gewaltmuster zu unterstützen, arbeitet das Regierungspräsidium Kassel mit Universitäten und Forschungseinrichtungen zusammen. Die Einweihung des Kunstwerks wird durch Tagungen, Vorträge und Publikationen begleitet. Besonders beleuchtet wird, wie die Behörden mit rechten Straftaten umgehen: Vertreterinnen und Vertreter von Polizei, Justiz und Verwaltung erörtern die Fehler der Vergangenheit und die Reformen, die für die Zukunft notwendig sind.
Das Rahmenprogramm bringt einen kreativen Ansatz mit digitalen Medien: Virtuelle Rundgänge, Podcasts und Social-Media-Kampagnen sorgen dafür, dass das Kunstwerk und die begleitenden Bildungsangebote über Kassel hinaus zugänglich sind. Eine speziell eingerichtete Website bietet Hintergrundwissen, Unterrichtsmaterial und eine Plattform, um Erfahrungen und Meinungen auszutauschen. Das Ziel ist es, das Gedenken an Lübcke und Yozgat dauerhaft im kollektiven Gedächtnis zu verankern und Anstöße für gesellschaftliches Engagement zu schaffen.
Perspektiven für Demokratie und Zusammenhalt in Deutschland
Die Einweihung des Kunstwerks "86° Walter Halit" im Jahr 2025 ist weit mehr als ein symbolischer Akt. Sie ist das Symbol für eine Gesellschaft, die ihre Geschichte anerkennt, Opfer nicht vergisst und den Kampf gegen Rechtsextremismus als eine gemeinsame Aufgabe sieht. Auf dem Dach des Regierungspräsidiums Kassel ist eine Installation zu finden, die eine lebendige Erinnerungskultur verkörpert; sie ist nicht nur ein Zeichen des Gedenkens, sondern sucht aktiv nach Wegen, um Demokratie und Zusammenhalt zu stärken.
Die gesellschaftlichen Herausforderungen bleiben erheblich: Rechtsextremismus, Rassismus und Demokratiefeindlichkeit sind Gefahren für die offene Gesellschaft. Das Bewusstsein dafür, dass wir diesen Gefahren gemeinsam entgegentreten müssen, wächst gleichzeitig. Verschiedene Initiativen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene arbeiten daran, demokratische Werte zu lehren, Vielfalt zu unterstützen und Menschen, die von Hass und Gewalt betroffen sind, zur Seite zu stehen. In Kassel ist das Kunstwerk ein sichtbares Zeichen für diese Anstrengungen – und ein Aufruf, sie fortzusetzen.
Es ist die Pflicht von Politik und Verwaltung, einen konsequenten Kampf gegen rechtsextreme Strukturen zu führen, Betroffene zu schützen und Präventionsarbeit zu leisten. Die Zivilgesellschaft ist gefordert, die demokratische Kultur im Alltag zu praktizieren – sei es in Schulen, Vereinen, am Arbeitsplatz oder online. Die Kunst hat die Fähigkeit, neue Sichtweisen zu schaffen, Impulse zu setzen und zum Nachdenken zu bewegen.
Die Gedenken an Walter Lübcke und Halit Yozgat erinnert uns daran, dass Freiheit, Demokratie und Menschenwürde keine Selbstverständlichkeiten sind; sie müssen täglich verteidigt werden. Das Kunstwerk "86° Walter Halit" steht für diesen Auftrag – es ist ein Hoffnungsschimmer für eine Gesellschaft, die aus der Vergangenheit lernt und die Zukunft zusammen gestaltet.