Waschbären – pelzig, possierlich und mit ihrer markanten "Gesichtsmaske" sowie den geschickten Pfoten – sind für viele ein Inbegriff von Niedlichkeit und Abenteuergeist. Doch kaum ein anderes Tier sorgt in Deutschland für so viel Streit und Diskussion wie der Waschbär. Während einige ihn als harmlosen Stadtbewohner oder sogar als Bereicherung der Fauna ansehen, betrachten andere ihn als einen invasiven Schädling, der massive ökologische und wirtschaftliche Schäden verursachen kann. Mythen und Halbwahrheiten, die sich hartnäckig in den Köpfen halten, kommen noch dazu: Wie hoch ist die Waschbärenpopulation in Deutschland? Gehören sie alle derselben Population an? Wie groß ist die Gefahr, die sie für heimische Arten und Ökosysteme darstellen? Kann man die Ausbreitung dieser Tiere überhaupt noch stoppen?
In Städten wie Kassel oder Berlin sind Waschbären immer häufiger zu sehen – sei es auf dem Dachboden, im Garten oder nachts auf der Suche nach Nahrung in Mülltonnen. Oftmals werden die Tiere dabei unterschätzt oder falsch bewertet. Um die Debatte zu versachlichen und fundierte Antworten auf diese und andere Fragen zu geben, haben Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt und der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung im Jahr 2025 einen umfassenden Faktencheck erstellt. Das Projekt ZOWIAC (Zoonotische und wildtierökologische Auswirkungen invasiver Carnivoren) untersucht die neun gängigsten Thesen über den Waschbären und bietet eine differenzierte Bewertung, gestützt auf aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse.
Die Herausforderungen, die sich im Umgang mit Waschbären ergeben, umfassen alles von Fragen des Artenschutzes über den Umgang mit Gebäudeschäden bis hin zu tierschutzrechtlichen und wirtschaftlichen Aspekten. Die rechtliche Einstufung als invasive Art und die damit verbundenen Bekämpfungsmaßnahmen führen immer wieder dazu, dass Tierschützer und Anwohner aktiv werden. Von Faszination bis Furcht – die gesellschaftlichen Reaktionen sind äußerst vielfältig.
Zur selben Zeit ist der Waschbär ein hervorragendes Beispiel für die Dynamik biologischer Invasionen: Ursprünglich als exotisches Pelztier nach Deutschland eingeführt, hat sich der Kleinbär innerhalb weniger Jahrzehnte von Nordhessen aus explosionsartig verbreitet. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass viele der früheren Annahmen über die Tiere heute als überholt gelten oder zumindest einer Nuancierung bedürfen. Der Faktencheck stellt eine klare Grenze zwischen romantisierender Verklärung und alarmistischer Übertreibung.
Acht zentrale Aspekte, die den Waschbär-Mythos in Deutschland prägen – von seiner Herkunft und dem Wachstum der Population über ökologische Auswirkungen bis hin zu Lösungsansätzen im Umgang mit dieser Art, werden im Folgenden beleuchtet. Es soll ein fundierter Überblick über den Stand der Wissenschaft im Jahr 2025 geschaffen werden, der die wichtigsten Fakten für gesellschaftliche und politische Diskussionen bereitstellt.
Die Herkunft des Waschbären in Deutschland: Historischer Rückblick und Ausbreitungsdynamik
Die Geschichte des Waschbären in Deutschland beginnt nicht, wie viele glauben, mit mehreren Einsetzungen oder einer natürliche Migration aus Osteuropa. In der Tat ist die Anwesenheit des Procyon lotor in Deutschland auf gezielte Aussetzungen in den 1930er Jahren zurückzuführen. Historische Aufzeichnungen zeigen, dass man 1934 am Edersee in Nordhessen die ersten beiden bekannten Waschbärenpaare aussetzte – ursprünglich in der Absicht, die heimische Fauna um eine neue Wildart zu erweitern und vielleicht auch für die Pelzindustrie zu nutzen. Ein weiterer, unabhängiger Auswilderungsversuch fand einige Jahre später in Brandenburg statt, konnte sich jedoch nicht im gleichen Maße etablieren.
Der Waschbärsanstieg ist entgegen der gängigen Meinung nicht von Anfang an explosionsartig gewesen; die Ausbreitung begann vielmehr langsam. Es war erst nach dem Zweiten Weltkrieg, dass die Population sich beschleunigt entwickelte, begünstigt durch die Zerstörung von Siedlungsstrukturen und das Fehlen natürlicher Feinde. Über die nächsten Jahrzehnte breitete sich der Waschbär, beginnend in Nordhessen, kontinuierlich aus und ist mittlerweile in fast allen Bundesländern zu finden. Fast das gesamte Bundesgebiet Deutschlands ist mittlerweile als besiedelt zu betrachten, wobei die Städte in Mittel- und Norddeutschland besonders hohe Populationsdichten aufweisen.
Genetische Analysen aus dem Jahr 2025 belegen, dass die heutige Waschbärenpopulation in Deutschland größtenteils von den wenigen Tieren abstammt, die ursprünglich ausgesiedelt wurden. Dennoch ist die genetische Vielfalt erheblich, weil es im Laufe der Zeit weitere, teils illegale Aussetzungen und gelegentliche Zuwanderungen aus benachbarten Ländern gab. Aktuelle Schätzungen gehen von einer Gesamtpopulation von etwa 1,6 bis 2 Millionen Tieren aus. Die Waschbärenpopulation breitet sich und gilt als eine der erfolgreichsten biologischen Invasionen in Europa.
Ein weiterer Mythos betrifft die geografische Herkunft der Tiere: Ursprünglich sind Waschbären aus Nordamerika, wo sie in vielfältigen Lebensräumen – von Wäldern bis zu urbanen Gebieten – anzutreffen sind. Dank ihrer Anpassungsfähigkeit und hohen Reproduktionsrate wurden sie auch in Europa schnell zu einer etablierten und schwer kontrollierbaren Spezies. Die schnelle Ausbreitung der Waschbären in ihrer neuen Heimat wurde maßgeblich dadurch begünstigt, dass sie ein günstiges Nahrungsangebot und einen Mangel an natürlichen Feinden vorfanden. Waschbären in Deutschland: Ihre Geschichte ist eng mit menschlichem Handeln und den unbeabsichtigten Folgen von Tierimporten verbunden.
Populationsentwicklung und Verbreitung: Aktuelle Zahlen und Trends in 2025
Die Wildbiologen und die Behörden beobachten regelmäßig, wie sich die Waschbärpopulation in Deutschland entwickelt. Die ZOWIAC-Forscher schätzen, dass die Waschbärenpopulation im Jahr 2025 bundesweit zwischen 1,6 und 2 Millionen liegen wird, basierend auf umfassenden Zählungen, Jagdstatistiken und genetischen Analysen. In Nordhessen, in Teilen Sachsens, Brandenburgs und im Großraum Berlin sind die Dichten weiterhin besonders hoch. In Städten wie Kassel wohnen über 100 Waschbären auf 100 Hektar, was nach wissenschaftlichen Berechnungen eine der höchsten Populationsdichten Europas ist.
Die Verbreitungskarte macht deutlich, dass der Waschbär nicht mehr nur in bestimmten Regionen vorkommt. Obwohl Nordhessen das Verbreitungszentrum bleibt, erfolgt eine kontinuierliche Ausbreitung der Tiere nach Westen, Süden und Osten. Sichtungen werden auch aus Süddeutschland, insbesondere aus Baden-Württemberg und Bayern, immer häufiger. Die Fähigkeit des Waschbären, sich an diverse Lebensräume – seien es Wälder, Flussauen, Gärten, Parks oder sogar Dachböden – anzupassen, ist ein Grund für seine Expansion.
Die oft angeführte Annahme, dass Waschbären ihre Populationsdichte regelmäßig durch innerartliche Konkurrenz oder Nahrungsmangel selbst regulieren, wird durch neue Forschungen nur teilweise bestätigt. Obwohl lokale Engpässe die Reproduktionsrate mindern können, bleibt die Art insgesamt äußerst vermehrungsfreudig. Weibchen erreichen bereits im zweiten Lebensjahr die Geschlechtsreife, und die durchschnittliche Wurfgröße liegt bei drei bis fünf Jungtieren. Die milderen Temperaturen im Winter und das umfangreiche Nahrungsangebot in der Stadt tragen zur kontinuierlichen Bestandszunahme bei.
Ein weiterer wichtiger Indikator für die Populationsentwicklung ist die Entwicklung der Jagdstrecken: Im Jagdjahr 2023/24 wurden bundesweit fast 200.000 Waschbären erlegt – diese Zahl hat sich in den letzten zehn Jahren nahezu verdoppelt. Trotzdem ist der Einfluss der Bejagung auf die Gesamtpopulation begrenzt, weil die Geburtenrate hoch ist und sich Waschbären schnell in neu entstandene Lebensräume ausbreiten.
Im Jahr 2025 zeigen die Untersuchungen, dass es kaum eine natürliche Eindämmung der Population durch Prädatoren wie Luchs oder Wolf gibt. Selbst Krankheiten wie Staupe oder Tollwut können lokal Bestandsrückgänge verursachen, jedoch haben sie bislang keine nachhaltige Reduktion bewirkt. Ohne erhebliche Gegenmaßnahmen wird die Waschbärpopulation in den kommenden Jahren voraussichtlich auf einem hohen Niveau stabilisiert werden.
Ökologische Auswirkungen: Bedrohung für heimische Arten und Ökosysteme?
Alles, was den Waschbären betrifft, muss man im Zusammenhang mit Artenschutz und den Folgen für heimische Ökosysteme betrachten. Gegenteilig zu der weit verbreiteten Ansicht, dass Waschbären harmlos seien und der heimischen Natur keinen Schaden zufügten, beweisen viele wissenschaftliche Studien das Gegenteil. Als invasive Art ist der Waschbär auf der "Unionsliste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung" der Europäischen Union gelistet. Die Bekämpfung und Regulierung seiner Bestände ist somit nicht nur eine nationale, sondern auch eine europäische Pflicht.
Forschungsergebnisse belegen, dass Waschbären vor allem in naturnahen Lebensräumen einen erheblichen Einfluss auf bodenbrütende Vogelarten, Amphibien und kleinere Säugetiere haben können. Sie hat einen opportunistischen Speiseplan und frisst neben pflanzlicher Kost auch Eier, Jungvögel, Reptilien und Wirbellose. In Schutzgebieten und Feuchtbiotopen sind die Bestände einiger sensibler Arten trotz allem erheblich zurückgegangen. In Mitteleuropa ist die Prädation durch Waschbären einer der Hauptgründe für den Rückgang des Moorfroschs und bestimmter Entenarten.
Ein weiteres Problem ist die Konkurrenzsituation mit einheimischen Wildtieren. Obwohl es bisher keine Beweise dafür gibt, dass der Waschbär heimische Raubtiere wie Marder oder Füchse verdrängt, könnte er doch den Konkurrenzdruck um Nahrung und Lebensraum verschärfen. In urbanen Ökosystemen kann der Waschbär auch eine Bedrohung für Singvogelpopulationen und Kleinsäuger darstellen.
Flora und Fauna sind jedoch unterschiedlich stark betroffen, je nach Region. In Gebieten mit hoher Biodiversität und empfindlichen Artenvorkommen können die negativen Auswirkungen gravierend sein, während in urbanisierten oder agrarisch dominierten Landschaften die restliche Fauna offenbar eine größere Anpassungsfähigkeit zeigt. Trotz dieser Entwicklungen geben Fachleute zu bedenken, dass man die Problematik nicht unterschätzen sollte: Die dauerhafte Ansiedlung des Waschbären könnte Schäden an der Artenvielfalt und in Schutzgebieten weiter verstärken.
Ein weiterer Punkt ist, dass der Waschbär als Überträger von Krankheiten und Parasiten fungiert, die sowohl Wildtiere als auch Menschen betreffen können. Hierzu gehört unter anderem der Waschbärspulwurm (Baylisascaris procyonis), der auch für Haustiere und Menschen eine Gefahr darstellt. Ein weiterer Risikofaktor, der die Regulierung der Bestände aus Sicht des Naturschutzes und der öffentlichen Gesundheit erforderlich macht, ist die Verbreitung von Zoonosen.
Mythos "Waschbären sind harmlos": Risiken und Schäden für Mensch und Wirtschaft
Dank seines süßen Aussehens ist der Waschbär ein beliebter Anblick, doch er ist auch ein ernstzunehmendes Problemtier. In vielen deutschen Städten und Gemeinden sind Beschwerden über Schäden an Gebäuden, Gärten und Fahrzeugen immer häufiger zu hören. Vor allem ihre Fähigkeit, Dachziegel anzuheben, Isolierungen zu beschädigen und sich Zutritt zu Dachböden zu verschaffen, verursacht erhebliche wirtschaftliche Schäden. Wie Haus- und Gebäudeversicherer berichten, haben die gemeldeten Waschbärschäden in den letzten Jahren stetig zugenommen.
Es ist schwierig, diese Schäden systematisch zu erfassen, weil Versicherungen Waschbärschäden bislang nicht gesondert von anderen Tier- oder Marderschäden auflisten. Um die tatsächliche Belastung für Hauseigentümer und Versicherer objektiv bewerten zu können, fordern die Wissenschaftler des Projekts ZOWIAC seit 2025 eine einheitliche Statistik dazu.
Neben Sachschäden an Gebäuden verursacht der Waschbär auch hygienische Probleme, wie das Durchwühlen von Mülltonnen, die Verschmutzung von Dachböden mit Kot und Urin sowie die Übertragung von Parasiten. In Siedlungsgebieten können größere Waschbärgruppen Konflikte mit Anwohnern verursachen. Durch den ständigen Kontakt mit Menschen verlieren die Tiere ihre Scheu und gewöhnen sich hervorragend an das Leben in der Stadt.
Die Faktenlage widerlegt den Mythos, dass Waschbären harmlos und nur eine kuriose Bereicherung der heimischen Fauna seien. Es ist vielmehr eine invasive Art, deren Auswirkungen auf Menschen, Wirtschaft und Umwelt vielfältig und teilweise gravierend sind. Die Thematik, wie man mit dem Waschbär in städtischen und ländlichen Gebieten umgehen soll, ist also nach wie vor sehr aktuell und braucht differenzierte Lösungsansätze.
Selbst die Landwirtschaft ist betroffen: Waschbären rauben Maisfelder, Obstplantagen und Geflügelställe aus, was Ernteausfälle und wirtschaftliche Einbußen zur Folge haben kann. In bestimmten Gebieten müssen Landwirte spezielle Schutzmaßnahmen ergreifen, um ihre Bestände vor den geschickten Räubern zu schützen. Insgesamt sind die Schäden, die der Waschbär in Deutschland verursacht, bislang nur unzureichend dokumentiert – dieses Problem wollen Fachleute so schnell wie möglich angehen.
Fortpflanzung und Lebensweise: Anpassungskünstler auf dem Vormarsch
Die enorme Anpassungsfähigkeit und die hohe Reproduktionsrate sind wesentliche Faktoren für den Erfolg des Waschbären in Deutschland. Als Allesfresser haben Waschbären ein umfangreiches Nahrungsspektrum, das von Früchten, Nüssen und Insekten bis zu kleinen Wirbeltieren, Vogeleiern und menschlichen Abfällen reicht. Dank dieser Anpassungsfähigkeit können sie in natürlichen und urbanen Lebensräumen überleben und sich schnell vermehren.
Die Fortpflanzungsbiologie des Waschbären ist gründlich erforscht. Die Fortpflanzungszeit startet im späten Winter (Januar bis März), und die Tragzeit beläuft sich auf rund 63 Tage. Im Mai oder Juni bringen die meisten Weibchen zwei bis fünf Jungtiere zur Welt, die in Baumhöhlen, Erdlöchern oder immer häufiger auf Dachböden und in Schuppen großgezogen werden. Mit etwa zehn Monaten erreichen die jungen Tiere schon das Erwachsenenalter und können im folgenden Jahr Nachkommen zeugen.
Ein interessanter Punkt ist das Sozialverhalten der Tiere: Männchen sind meist allein unterwegs, während Weibchen mit ihren Jungen in lockeren Gruppen zusammenkommen können. In urbanen Gebieten sind "Schlafplatzgemeinschaften" nicht selten, wo mehrere Tiere einen Unterschlupf gemeinsam nutzen. Die hohe Toleranz gegenüber Artgenossen und Menschen trägt zusätzlich zur Ausbreitung in urbanen Räumen bei.
In Deutschland erreichen Waschbären in freier Wildbahn durchschnittlich drei bis fünf Jahre; in geschützten Umgebungen können sie jedoch deutlich älter werden. Die Hauptursachen für den Tod sind Verkehrsunfälle, Bejagung und Krankheiten. Viele Tiere erreichen ohne natürliche Feinde und dank der guten Nahrungsbedingungen das fortpflanzungsfähige Alter, was die Bestandsentwicklung weiter unterstützt.
Experten sehen die Bemühungen, die Waschbärenausbreitung durch Kastration oder Sterilisation zu begrenzen, kritisch. Es fehlen bis 2025 jegliche belastbaren Studien, die den Erfolg solcher Maßnahmen in Deutschland belegen. Die Umsetzung ist kostenintensiv, erfordert viel Aufwand und wirft ethische Fragen auf. Außerdem wäre eine flächendeckende Anwendung aufgrund der hohen Populationsdichte praktisch nicht möglich. Die Forschung identifiziert die Reproduktionsbiologie der Art als einen der Hauptgründe, warum sich Waschbären weiterhin ausbreiten werden, wenn keine effektiven Managementstrategien entwickelt werden.
Jagd, Management und rechtliche Regulierung: Möglichkeiten und Grenzen
Die wachsende Waschbärpopulation ist eine Herausforderung für Behörden, Jäger und Naturschützer. In Deutschland ist der Waschbär nach dem Bundesjagdgesetz eine jagdbare Art, die jedoch ganzjährig Schonzeit hat. Trotzdem erlauben viele Bundesländer, die Tiere ganzjährig zu bejagen, weil sie als invasive Art gelten. Die Jagdstrecken haben sich in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht; im Jagdjahr 2023/24 wurden etwa 200.000 Waschbären erlegt.
Trotz allem hat die Bejagung nur einen begrenzten Einfluss auf die Gesamtpopulation. Es gibt wissenschaftliche Beweise dafür, dass Waschbären durch erhöhte Geburtenraten und Zuwanderung aus angrenzender Gebieten Bejagungsverluste schnell kompensieren können. Es ist kaum möglich, Bestände durch jagdliche Mittel vollständig auszurotten oder wirksam zu reduzieren. Nur lokale Bestandsregulierungen sind möglich, wie in Schutzgebieten oder auf Privatgrundstücken mit besonders hohen Schäden.
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind kompliziert: Durch die Aufnahme auf die EU-Unionsliste ist Deutschland verpflichtet, gegen die weitere Ausbreitung und die negativen Auswirkungen des Waschbären vorzugehen. Hierzu gehören das Monitoring, die Information der Öffentlichkeit und, falls nötig, gezielte Managementmaßnahmen. Die Entnahme von Waschbären muss gleichzeitig unter Berücksichtigung tierschutzrechtlicher Vorgaben erfolgen. Die Tötung muss waidgerecht sein; Lebendfallen dürfen nur unter bestimmten Voraussetzungen genutzt werden.
Ein weiterer Ansatz, der immer wieder zur Sprache kommt, ist die Umsiedlung oder Kastration von Waschbären. In Deutschland fehlen bisher jegliche flächendeckend getesteten Projekte oder wissenschaftlich fundierten Machbarkeitsstudien. Die Fachleute des Projekts ZOWIAC sind der Meinung, dass diese Ansätze wenig Erfolg haben werden, und empfehlen stattdessen eine Kombination aus Monitoring, gezielter Bejagung und Präventionsmaßnahmen.
Ein entscheidender Punkt ist die Einbeziehung der Bevölkerung: Viele Konflikte entstehen, weil Anwohner nicht wissen, wie sie sich bei einem Waschbärbefall richtig verhalten sollen. Informationskampagnen, Beratung und Hilfe beim Sichern von Gebäuden und Mülltonnen können dazu beitragen, Konflikte zu minimieren. Selbst im Jahr 2025 ist die Bedeutung der Jagd im Waschbärmanagement umstritten – ein Einvernehmen zwischen Artenschutz, Tierschutz und den Bedürfnissen der Bevölkerung ist bislang nicht zu erkennen.
Krankheitsüberträger und Gesundheitsrisiken: Zoonosen im Fokus
Ein oft vernachlässigter Aspekt des Waschbärvorkommens in Deutschland ist die Funktion der Tiere als mögliche Krankheitsüberträger. Zoonotische Erreger, also solche, die von Tieren auf den Menschen übertragbar sind, stehen dabei besonders im Mittelpunkt. Der Waschbärspulwurm (Baylisascaris procyonis) gehört zu den Parasiten, die in Europa bislang nur lokal vorkommen, aber durch die zunehmende Waschbärpopulation könnte er sich weiter verbreiten.
Obwohl Infektionen mit dem Waschbärspulwurm beim Menschen äußerst selten sind, können sie im schlimmsten Fall schwere neurologische Schäden verursachen. In der Regel erfolgt die Übertragung indirekt, indem man mit kontaminiertem Kot in Kontakt kommt, zum Beispiel auf Dachböden oder Spielplätzen. Aus diesem Grund empfehlen Fachleute, in Gebieten, wo Waschbären ihre Spuren hinterlassen haben, besonders vorsichtig zu sein und regelmäßige Reinigungen durchzuführen.
Darüber hinaus können Waschbären Träger weiterer Krankheitserreger sein, wie Staupe, Tollwut und Parvoviren, die sowohl für Wild- als auch für Haustiere gefährlich sind. In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu lokalen Ausbrüchen der hoch ansteckenden Viruserkrankung Staupe, die auch Waschbären betrifft. Dank der fortlaufenden Impfprogramme für Wild- und Haustiere ist das Risiko größerer Tollwutepidemien in Deutschland minimiert.
Direkte Angriffe von Waschbären auf Menschen sind äußerst selten und kommen meist nur vor, wenn sie sich defensiv verhalten, zum Beispiel wenn sie in die Enge getrieben oder während der Aufzucht ihrer Jungen gestört werden. Trotz allem raten Gesundheits- und Veterinärämter dazu, Waschbären nicht zu füttern oder zu berühren und bei Sichtungen von aggressiven oder kranken Tieren das zuständige Amt zu benachrichtigen.
Insgesamt ist die Rolle des Waschbären als Überträger von Krankheiten weniger bedeutend als die Schäden, die er an Fauna, Flora und Infrastruktur verursacht. Dennoch ist es wichtig, gesundheitliche Risiken beim Waschbärmanagement weiterhin zu berücksichtigen. Für 2025 wird empfohlen, Zoonosen verstärkt zu überwachen und die Bevölkerung besser über Präventionsmaßnahmen im Umgang mit Waschbären zu informieren.
Perspektiven und Lösungsansätze: Zukunft des Waschbärmanagements in Deutschland
Die fortschreitende Ausbreitung des Waschbären und die damit verbundenen Schwierigkeiten machen es notwendig, das Management der Art in Deutschland neu zu überdenken. Forscher heben hervor, dass man aufgrund der hohen Populationsdichte und der großen Verbreitung nicht alles ausrotten kann. An die Stelle dessen tritt das Konzept des "integrierten Managements": Es vereint unterschiedliche Ansätze, um die negativen Auswirkungen des Waschbären auf ein akzeptables Maß zu reduzieren.
Ein zentraler Baustein ist das Monitoring: Nur durch ein flächendeckendes Erfassen von Beständen, Schadensfällen und Krankheitsausbrüchen lassen sich gezielte Maßnahmen entwickeln und deren Wirksamkeit überprüfen. In den letzten Jahren hat die Digitalisierung, inklusive der Nutzung von Wildtierkameras, genetischen Analysen und Online-Meldesystemen, die Überwachung von Wildtierpopulationen erheblich verbessert. Die Absicht ist es, Hotspots frühzeitig zu identifizieren und dort gezielt einzugreifen.
Auch Präventionsmaßnahmen sind von großer Bedeutung. Hierzu zählt, Mülltonnen zu sichern, Dachböden und Nebengebäude abzuschließen und auf das Füttern von Wildtieren im Siedlungsbereich zu verzichten. Informationskampagnen und Beratungsangebote für Hausbesitzer und Kommunen sind wertvolle Werkzeuge, um Schäden und Konflikte zu minimieren.
Intensive Bejagung oder gezielte Entnahme von Waschbären wird empfohlen, um besonders sensible Schutzgebiete und Lebensräume seltener Arten zu schützen. Eine temporäre Bestandsreduktion kann in diesen Gebieten helfen, besonders gefährdete Arten zu bewahren. Management außerhalb dieser Hotspots sollte sich auf Prävention und Überwachung konzentrieren.
Die Schaffung von Impfstoffen und Arzneimitteln gegen bedeutende Zoonosen ist ein weiterer Aspekt der Zukunft, um das Gesundheitsrisiko für Mensch und Tier weiter zu minimieren. Es wird als entscheidend angesehen, Waschbärschäden in die Versicherungsstatistik aufzunehmen und wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit verschiedener Managementmaßnahmen zu fördern.
Der Waschbär wird auch im Jahr 2025 unbestritten ein Teil der deutschen Fauna sein. Es gilt, einen verantwortungsvollen und wissenschaftlich fundierten Umgang mit dieser invasiven Art zu finden, der den Bedürfnissen von Bevölkerung und Wirtschaft gerecht wird, ohne die Anforderungen des Artenschutzes zu verletzen. Die Entmythologisierung der Waschbären und die Entwicklung tragfähiger Lösungen für die Zukunft sind nur durch eine sachliche, faktenbasierte Diskussion möglich.